Das europäisch-kanadische Abkommen CETA

CETA steht für Comprehensive Economic and Trade Agreement (deutsch etwa: Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen) und bezeichnet ein  Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada.

Ja. Diese ‚Investor-State Dispute Settlement‘ oder kurz ISDS genannten Mechanismen sind in CETA ebenso enthalten wie in vielen anderen Freihandelsabkommen, die Mitgliedsstaaten der EU ebenso wie Kanada und die USA mit vielen ärmeren Ländern geschlossen haben. InvestorInnen aus dem Ausland können damit Staaten vor außerstaatlichen Schiedsgerichten auf Schadensersatz verklagen, wenn sie glauben, dass staatliches Handeln oder eine neue Regulierung den Wert und die Gewinnmöglichkeiten ihrer Investition verringert hat.

Ja. Zwar ist für die Nutzung der ISDS-Mechanismen ein relevantes Eigengeschäft der jeweiligen Tochterfirma in Kanada nötig sein. Das reine "Treaty Shopping" mit Briefkastenfirmen wäre so ausgeschlossen. Der Aufbau von vollständigen Tochterfirmen, die vor allem dazu dienen, einzelne Passagen aus internationalen Abkommen zu nutzen, lohnt sich nicht unbedingt, ist aber nicht formal ausgeschlossen.

Allerdings haben alle großen amerikanische Unternehmen Tochterfirmen in Kanada, die über diesen Umweg den Investorenschutz  im CETA für sich ausnutzen könnten, indem sie ihr Europageschäft über die kanadische Tochter laufen lassen. Das Problem besteht also tatsächlich.

Insgesamt haben über 40.000 Firmen aus den USA Tochterfirmen mit relevantem Eigengeschäft in Kanada. Allerdings werden viele davon nicht große genug sein, um eine aufwändige Investitionsschutzklage gegen die EU zu führen. ISDS ist im Großen und Ganzen ein Privileg großer, internationaler Unternehmen.

Ja. Dafür gibt es durchaus Präzidenzfälle. So ist das Energieunternehmen Lone Pine, das die kanadische Region Québec wegen eines Fracking-Moratoriums auf 250 Millionen Dollar Schadenersatz verklagt hat, ein kanadischer Konzern. Die Klage lief jedoch über ein Tochterunternehmen in den USA, die so die ISDS Mechanismen der Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA nutzen konnten. So ungenau wie die Mechanismen im CETA formuliert sind, könnten europäische Firmen mit kanadischen Tochterfirmen, die dort ein relevantes Eigengeschäft haben, die EU oder einzelne europäische Staaten vor den Kadi zerren. Dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt für kanadische Firmen mit Töchtern in der EU.

Kanada ist Teil der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA. Die politische Übereinkunft im CETA enthält allerdings Klauseln zur Kennzeichnung der Produktherkunft - unter anderem um zu verhindern, dass CETA ein einseitig offenes Tor für Produkte aus den anderen beiden Staaten der Nordamerikanischen Freihandelszone in die EU wird. Was genau aber ein Produkt aus Europa bzw. aus Kanada ausmacht, ist im Rahmen der globalen Lieferketten von Industrieprodukten nicht einfach festzustellen. Ein Auto gilt beispielsweise dann als kanadisch, wenn mindestens 50 Prozent der Wertschöpfung in Kanada stattgefunden hat.

Vieles, was in der EU an CETA problematisch ist, ist für die kanadischen BürgerInnen noch schlimmer, da es im Abkommen zur NAFTA eine Meistbegünstigungsklausel gibt. Wenn also die kanadische Regierung ihren Markt für kommunale Beschaffung oder Medizinprodukte für europäische Unternehmen öffnet, wird sie das automatisch auch für US-amerikanische und mexikanische Unternehmen tun müssen.

Nichts Gutes. So wurden Quoten vereinbart, etwa  wieviel Käse die EU nach Kanada exportieren darf und wie viel Rindfleisch Kanada in die EU. In Kanada werden häufig Wachstumshormone in der Rindermast eingesetzt, was in der EU verboten ist. Die Quoten gelten daher nur für homonfreies Rindfleisch. Die EU lässt zudem alle Zölle auf Fisch und Meeresfrüchte fallen. Auf die Landwirtschaft und Fischerei käme so zusätzlicher Wettbewerbsdruck zu, der den Strukturwandel hin zu immer größeren Betrieben beschleunigt.

Was Saatgut angeht, so sollen geistige Eigentumsrechte besser geschützt und bei ihrer Durchsetzung zusammengearbeitet werden. Eine weitere Konzentration des Saatgutmarktes ist zu erwarten.

Was die Zulassung von Pestiziden und Gentechnik angeht, so versprechen neu zu schaffende Expertengremien  den Konzernen zusätzlichen Einfluss - auf Kosten des Vorsorgeprinzips. Diese Gremien sollen zum Beispiel die handelspolitischen Folgen der Regulierungspraxis sowie die Wissenschaftlichkeit und Effizienz von Zulassungsverfahren beraten.

Durch CETA würden alle staatlichen Aufträge und Dienstleistungen, die in der EU für private Unternehmen geöffnet sind und europaweit ausgeschrieben werden müssen, auch für kanadische Unternehmen geöffnet werden.

Ja. CETA enthält viele Passagen, die praktisch direkt aus dem ACTA - Abkommen übernommen sind. Dieses Abkommen, das Staaten Überwachung und Kontrolle von Kommunikation im Internet erleichtert und den Zugang vieler Menschen zu Saatgut und Medizin erschwert hätte, ist 2012 im Europäischen Parlament gescheitert. Während ACTA ein multilaterales Abkommen mit sehr vielen Beteiligten war, gilt CETA nur zwischen Kanada und der EU. Viele andere aktuelle Abkommen, wie z.B. TPP und TiSA, enthalten ähnliche ACTA - Wiedergänger.