Die Zukunft
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Zölle fallen beim Handel zwischen zwei Herrschaftsgebieten in Form von prozentualen Abgaben an. Sie bildeten in der Vergangenheit eine der wenigen Einkommensmöglichkeiten für die Herrschenden. Auch heute gibt es noch Zölle, die beim internationalen Handel anfallen. An den Außengrenzen der EU gibt es ein detailliert ausgearbeitetes System von unterschiedlich hohen Zöllen, die je nach Produkt und Herkunft anfallen. Im Allgemeinen sind die Zölle auf verarbeitete Produkte höher als auf Rohstoffe. Zwischen den USA und der EU liegen die Zölle auf die meisten Produkte bei 3-5 Prozent.
Mit Zöllen generieren die Staaten Einkommen für den Staatshaushalt und schützen ihre Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz. Neben den Interessen der eigenen Industrie ist auch unfaire Konkurrenz aufgrund niedriger Löhne, schlechtem Arbeitsrecht und fehlendem Umweltschutz ein Grund für diesen Schutz.
Durch Zölle werden Produkte aus dem Ausland für die einheimischen VerbraucherInnen und Unternehmen teurer. Das hemmt den internationalen Handel zugunsten der einheimischen Produktion. Volkswirtschaftlich gilt diese Situation als schädlich, da sie zu hohen Preisen und einer ineffizienten Verteilung von Rohstoffen, Arbeitskräften und Energie führen kann. Deshalb wird davon ausgegangen, dass Freihandel durch Zollabbau zu Wirtschaftswachstum führt. Der Preis dafür ist ein geringerer Handlungsspielraum des Staates.
In vielen Freihandelsabkommen wird der Abbau von Zöllen nicht nur durch die Abschaffung oder Senkung von Zöllen auf bestimmte Produkte erreicht, sondern durch eine Quotenregelung. Das bedeutet, dass Produkte bis zu einer bestimmten Menge zollfrei oder zu günstigen Zöllen eingeführt werden können, darüber hinaus aber weiterhin Zölle gezahlt werden müssen. Diese Kompromissvariante zeigt, dass es bei Freihandelsverhandlungen meist nicht um Ideen von Freiheit geht, sondern die unterschiedlichen Interessen in einem großen Kuhhandel austariert werden.
Ein Beispiel dafür liefert das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA im Bereich Rindfleisch. So soll Kanada hormonfreies Rindfleisch von Rindern mit 50.000 Tonnen Schlachtgewicht zollfrei einführen können, davon 35.000 Tonnen frisches Fleisch und 15.000 Tonnen tiefgefrorenes. Was darüber hinausgeht, wird mit 20 Prozent Zoll belegt.
© Merle Stechow / pixelio.de
Als "nicht-tarifäre Handelshemmnisse" wird alles bezeichnet, was den Handel zwischen zwei Staaten erschwert oder verteuert, aber kein Zoll ist. Darunter fallen zum Beispiel unterschiedliche Regulierungen für Produktkennzeichnungen, Sicherheitsstandards, Zulassungsverfahren, Bürokratie, Wartezeiten, Verbote und vieles mehr.
FreihandelsanhängerInnen argumentieren, dass durch diese Regeln der Handel teurer oder unmöglich wird und sie somit volkswirtschaftlich ähnlich schädlich sind wie Zölle. Da bei den Verhandlungen zwischen der EU und den USA die meisten Zölle sehr niedrig sind, erhoffen sich die BefürworterInnen die meisten wirtschaftlichen Effekte vom Abbau dieser nicht-tarifären Handelshemmnisse.
Ein Beispiel für solche Handelshemmnisse sind die unterschiedlichen Vorschriften für die Farbe von Blinkern an Kraftfahrzeugen (rot in den USA, orange in der EU). Aber auch die Kennzeichnungspflicht für Gentechnik in Lebensmitteln, das Verbot von Wachstumshormonen im Rindfleisch, die unterschiedlichen Zulassungsverfahren für Pestizide und andere Chemikalien, das strenge Zulassungsverfahren für Gentechnik in der EU und vieles mehr kann so als Handelshemmnis bezeichnet werden.
Die Abschaffung von nicht-tarifären Handelshemmnissen wird so zu einer Gefahr für viele Standards, die zum Schutz von Umwelt, ArbeitnehmerInnen und VerbraucherInnen in zähen Auseinandersetzungen demokratisch erkämpft wurden.
Um nicht-tarifäre Handelshemmnisse abzubauen können die unterschiedlichen Standards zwischen zwei Staaten aneinander angeglichen oder gegenseitig anerkannt werden. Bei der Angleichung von Standards gilt auf beiden Seiten dieselbe Regulierung, indem eine Seite die Standards der anderen übernimmt oder ein Kompromiss zustande kommt. Aufgrund von Regeln innerhalb der Welthandelsorganisation WTO, um Meistbegünstigungsklauseln zu genügen oder aufgrund des Einflusses von Konzernlobbies ist dabei eine Einigung auf die jeweils niedrigste, industriefreundlichste Regulierung üblich.
Eine gegenseitige Anerkennung von Standards und Verfahren dagegen belässt auf beiden Seiten unterschiedliche Regelungen, legt aber fest, dass sie als gleichwertig anerkannt werden. Ein Beispiel dafür gibt es seit 2012 im Bereich der Biolebensmittel, wo die EU und die USA ihre Kontrollen und Vorschriften gegenseitig anerkennen, so dass Biolebensmittel aus den USA in der EU ohne weitere Kontrollen als biologisch verkauft werden können und umgekehrt. Obwohl in den USA mehr Zusatzstoffe erlaubt sind und die Kontamination mit Gentechnik wesentlich wahrscheinlicher ist, funktioniert das Abkommen im Großen und Ganzen - auch aufgrund zusätzlicher Vorsichtsmaßnahmen der Biobranche auf beiden Seiten.
Durch eine gegenseitige Anerkennung von Standards und Verfahren kann ein Markt geöffnet werden, ohne die eigenen Standards aufzugeben. Aus der Sicht des Verbraucherschutzes ist das ebenso gefährlich. Aus der Sicht von Umwelt und ArbeitnehmerInnen droht ein Wettkampf um die billigsten Standards.
Mit regulatorischer Kohärenz ist ein Zustand gemeint, in dem es keine nicht-tarifären Handelshemmnisse gibt, weil die Regeln, die in verschiedenen Ländern gelten, gleich oder sehr ähnlich sind. Regulatorische Kohärenz herzustellen ist aber kein einmaliger Akt, sondern eine Daueraufgabe, da neue Regeln oder eine Veränderung von Regeln die Kohärenz wieder zunichte machen können. Manche Freihandelsabkommen enthalten daher Verfahren der regulatorischen Kooperation, um keine neuen Handelshemmnisse entstehen zu lassen.
Mit einer Stillhalteklausel kann in Freihandelsabkommen festgelegt werden, dass die Partnerländer keine neuen Regulierungen schaffen, die nach der Unterzeichnung des Abkommens neue nicht-traifäre Handelshemmnisse schaffen.
Regulatorische Kooperation ist die Zusammenarbeit von Vertragsstaaten in einem Abkommen bei der Regelsetzung. Ziel ist es, Handelshemmnisse nicht durch eine Veränderung von Regeln oder durch neue Regeln neu entstehen zu lassen, sondern seine Regeln gemeinsam weiterzuentwickeln. Regeln sind dabei nicht nur Gesetze, sondern zum Beispiel auch die Zulassung oder die Nicht-Zulassung von Chemikalien.
Dazu werden Gremien aus ExpertInnen und BürokratInnen der beteiligten Länder eingerichtet, die Verfahren und Regulierungsvorhaben vorberaten und überprüfen, ob sie Auswirkungen auf den Handel haben. Weit weg von gewählten Parlamenten und außerhalb der Reichweite der meisten JournalistInnen können so notwendige Entscheidungen blockiert werden. Diese Expertengremien sind ein Paradies für die Konzernlobby.
Negativ- und Positivlistenansatz bezeichnet zwei unterschiedliche Herangehensweisen, was ein Abkommen oder auch ein Gesetz umfasst.
Eine Positivliste (auch: white list) zählt alles auf, was betroffen ist. Was nicht in der Liste auftaucht, ist nicht betroffen. Eine Negativliste zählt Ausnahmen auf, die nicht betroffen sind. Was nicht in der Liste steht, ist betroffen.
Viele Freihandelsabkommen enthalten Meistbegünstigungsklauseln, mit denen sich die Partnerländer zusichern, keinem anderen Land bessere Konditionen für den Handel zu gewähren als den Partnern im Abkommen. Wenn zum Beispiel Kanada seinen Markt für öffentliche Aufträge durch das europäisch-kanadische Abkommen CETA für Unternehmen aus der EU öffnet, muss es diesen Markt auch für US-amerikanische und mexikanische Unternehmen öffnen - weil die Verträge zur Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA eine Meistbegünstigungklausel enthalten.
Diese Klauseln sind somit ein Grund, warum es bei Freihandelsverhandlungen immer zu einer Absenkung von Standards kommt.
Die meisten Freihandelsabkommen enthalten Investitionsschutzklauseln, die „Investor-State Dispute Settlement“ (ISDS) genannt werden. Sie ermöglichen es Konzernen, die im Ausland investiert haben, den Staat auf Schadensersatz zu verklagen, wenn sie ungerecht behandelt oder enteignet werden. Die Formulierungen in den Abkommen sind üblicherweise so schwammig, dass jede staatliche Maßnahme, die das Potential hat, Gewinnmöglichkeiten und damit den Wert der Investition zu schmälern, als "indirekte Enteignung" ein Klagegrund sein kann. Beispiele dafür sind in der Vergangenheit der deutsche Atomausstieg, der ägptische Mindeslohn oder ein Fracking-Moratorium in der kanadischen Provinz Québec gewesen.
Die Verhandlungen über diese Schadensersatzklagen finden außerhalb des staatlichen Rechtssystems meist im Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (engl. International Centre for Settlement of Investment Disputes – ICSID) in Washington statt. Über die Fälle entscheiden drei RichterInnen, von denen jeweils eineR von den Streitparteien und ein Dritter im gegenseitigen Einvernehmen gefunden wird. Die RichterInnen sind meist AnwältInnen in international tätigen Kanzleien und mit international tätigen Konzernen eng verbunden. Gegen ihre Entscheidung ist keine Berufung möglich.
Die Ergebnisse der Verhandlungen können Ablehnung der Klage des Konzerns, eine Schadensersatzforderung gegen den Staat oder ein Vergleich sein. Vergleiche enthalten oft Geldzahlungen der Staaten an die Konzerne und zusätzlich immer wieder die teilweise oder vollständige Rücknahme von Gesetzen.
Das Konzept des Investitionsschutzes ist undemokratisch und für die SteuerzahlerInnen teuer.
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