„Scheiße“ sagt man nicht, werden Eltern heute von ihren eigenen Kindern ermahnt. Aber genau das entfuhr Hanser-Verleger Michael Krüger als erste Reaktion auf die Vergabe des Literatur-Nobelpreises. Und sogar mehrfach und unüberhörbar. Dabei ist Mo Yan doch seit neustem Hanser-Autor. Aber eben: „Scheiße, das Buch ist noch nicht fertig.“ Nachdem er sich etwas beruhigt hat, erzählt Krüger, wie er „vor langer Zeit“ Mo Yan einmal in Schweden kennengelernt und daraufhin ein Buch von ihm gelesen habe. Als nun seine Lektorin Tatjana Michaelis unlängst einen neuen Roman von Mo Yan einkaufen wollte, habe er sich daran erinnert und nach Lektüre eine Übersetzungsprobe zugestimmt. Der umfangreiche Gesellschafts- und Familienroman „Die Frösche“ sollte eigentlich schon erschienen sein, doch die Übersetzung habe sich, wie so oft bei Projekten aus dem Chinesischen verzögert.
Jetzt macht sich Krüger erst einmal über den Stand der Dinge kundig und sagt dann entschieden: „Der Roman erscheint im Frühjahr.“ Details zum Inhalt hat er noch nicht parat, Frau Michaelis ist nicht zu erreichen, doch sei das Buch eine kritische Auseinandersetzung mit der staatlichen Familienplanung, der „Ein-Kind-Politik“.
Trotzdem müsste Krüger guter Dinge sein und seine Laune bessert sich bald: Hanser hat nämlich mit dem Autor, der nur Chinesisch spreche, durch Vermittlung seiner Tochter direkt einen Vertrag gemacht. Zum Glück sagt Krüger, denn inzwischen vertritt der für seine Forderungen berüchtigte Großagent Andrew Wylie Mo Yan exklusiv. Die Lizenzpreise würden jetzt, wie man Wylie kenne, sicher ins Astronomische steigen, so Krüger. Eigentlich ein Coup also, ein glückliches Verlegerhändchen. Dennoch: Partystimmung sieht anders aus.
Am völlig unvorbereiteten Suhrkamp-Stand gab es zunächst einen Moment der Irritation. „Ist der bei uns? Der ist bei uns!“ Es dauerte ein paar Minuten, bis die ersten Sektgläser eingeschenkt und die ersten Exemplare der „Sandelholzstrafe“ aus den Kulissen hervorgeholt waren, mit einem Holzdorn auf dem Cover, der schon beim bloßen Angucken wie ein Folterinstrument wirkt. „Es ist ein tolles Buch, ein schreckliches Buch“, sagte Ulla Berkewicz, die als Verlegerin nun schon den zweiten Literaturnobelpreisträger innerhalb von zwei Jahren feiern kann. Mario Vargas Llosa hatte den Preis 2010 bekommen. AR