Aus Hauptschülern werden Unternehmer
Planspiel soll Verantwortung vermitteln Von Thomas Vitzthum
Nein, das Landratsamt will den Schülern der 8. Klasse der Franziska-Hager-Mittelschule aus Prien am Chiemsee nicht erlauben, einen Bootsverleih zu eröffnen. Neue Betriebe am Ufer des größten bayerischen Sees seien grundsätzlich nicht genehmigungsfähig, heißt es in dem Schreiben, das die Behörde geschickt hat. Die Jungen und Mädchen sind enttäuscht, haben sie sich doch so engagiert, sich beim Steuerberater den Unterschied zwischen GbR und GmbH, beim Bootsbauer die Materialien, beim Stadtmarketing die beste Plakatwerbung erklären lassen. Es war ja doch eh nur ein Spiel. Oder?
"Am Anfang fragten mich meine Schüler, ob wir denn wirklich so tun müssen, als würden wir ein Unternehmen gründen", erzählt Klassenlehrer Georg Leidel. "Am Ende wollten sie mich überreden, tatsächlich einen Bootsverleih aufzumachen." Mit seinen Schülern hat Leidel das Planspiel "Beachmanager" gespielt, das die Bundesarbeitsgemeinschaft "SchuleWirtschaft" entwickelt hat, die von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) getragen wird. Es soll Schülern einen Zugang zu Wirtschafsthemen, zur Führung eines Unternehmens, zu Kalkulationen und Personalfragen vermitteln. Seit 2006 gibt es das Spiel in Bayern, jetzt wird es auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnt. McDonald's Deutschland konnte sich für die Idee begeistern und hilft finanziell. Die Schüler spielen fünf Saisons lang Manager eines Bootsverleihs am fiktiven Birnbachsee. Sie müssen sich überlegen, wie sie mit dem Grundkapital von 16.000 Euro haushalten, wie sie sich selbst und die nötigen Aushilfen entlohnen. Müssen Mietpreise für Tretboote und Surfbretter festlegen und spekulieren, wie der Sommer werden könnte. Für Praxiselemente, die aus dem virtuellen Computerspiel ein reales Spiel werden lassen, gibt es Bonus und im Wettbewerb der einzelnen Klassen und Teams die Möglichkeit aufzusteigen. Georg Leidels Klasse hat den Landespreis gewonnen.
Laut Dieter Hundt, dem Präsidenten der BDA, verfolgt das Spiel einen wichtigen pädagogischen Zweck, es soll lehren, was Verantwortung haben bedeutet: "Wir haben immer weniger Absolventen von Haupt- und Realschulen mit leider immer mehr Defiziten. Schulen und Wirtschaft müssen dafür sorgen, dass das vorhandene Potenzial an jungen Leuten wesentlich besser genutzt wird als bisher", sagt Hundt. Jahrelang gab es die Tendenz, dass sich Firmen Bewerber mit dem besten Schulabschluss aussuchten. "Vor zwei, drei Jahren konnte sich die Wirtschaft diese Auswahl noch leisten", sagt Wolfgang Goebel, Personalvorstand bei McDonald's, "aber abgesehen davon, dass Kandidaten ohne Abitur keineswegs zwangsläufig schlechter sind, ist heute das Angebot an geeigneten Bewerbern deutlich eingeschränkt, der Markt ist leer." Mit dem Planspiel "Beachmanager" wollen die Arbeitgeber Spaß am Wirtschaften vermitteln; damit es nicht so weit kommt wie in den naturwissenschaftlich, mathematischen Fächern. "Wir haben einen riesigen Bedarf an Fachkräften, den wir zunehmend nicht mehr decken können", sagt Hundt "und auch einen großen Bedarf an echtem Unternehmergeist." Laut einer Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages aus dem Jahr 2011 sucht bereits jeder dritte Unternehmer vergeblich einen Nachfolger.
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