Doron Rabinovici: 25./26.12.2009 Colombo/Hikkaduwa

| mitSprache unterwegs |

25. 12. ’09

Sri Lanka. Gelandet. Verschwitzt nach den vielen Stunden im Flieger. Die Haut spannt. Der Druck in den Schläfen, als wäre der Schädel zu eng. Die Müdigkeit in allen Gliedern. Überall der Weihnachtsschmuck und Flitter. Im Transitbereich schweben Folienballone. Dutzende Weihnachtsmänner. Väterchen Frost im buddhistischen Tropenland. Kaum aus dem Flughafen, hüllen mich die Hitze und ein süßer Duft ein, dann die stickige Luft und die Abgase. Alle drängen zu den Autos, die sich in der Zufahrt stauen. Das Hupen der Wagen.

Meine Frau, unsere Fünfjährige und ich werden von Kathrin, meiner Schwiegermutter, abgeholt. Kathrin Messner leitet die one world foundation (www.owf.at). An der Südwestküste von Sri Lanka ist eine soziale Skulptur entstanden. Die Einnahmen aus der Bogenvillya, dem Gästehaus, fließen in Bildungseinrichtungen. Auf dem großen Schulgelände werden mittlerweile etwa Tausend Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene – vor allem Frauen – unterrichtet. Hier sind Vorschulklassen, Englischklassen, Computerklassen und die Schneidereiklassen der women’s cooperation.

Die Fahrt durch Colombo. Kitsiri, der Chauffeur, findet einen Weg knapp an Motorrikschas, an Leiterwagen, Kleinlastern und Bussen vorbei. Vor uns ein khakigrüner Müllwagen, darauf thront ein weggeworfener Teddybär. Das Hupen ist hier eine eigene Sprache, ein ausgeklügeltes Kommunikationssystem. Es reicht von der Beschimpfung durch langes Tuten bis zur freundlich kurzen Aufmunterung. Vor zehn Jahren waren erst wenige Autos mit Klimaanlage ausgerüstet. Damals zeigten die Fahrer auch mit Handzeichen an, was sie vorhatten. Ich erinnere mich an die ersten klimatisierten Modelle, die damals mit blindgeschlossenen Fenstern auftauchten. “Airconditioned – No Handsigns”, stand auf den Heckscheiben, um zu erklären, weshalb von da keine der gängigen Gebärden mehr zu erwarten waren.

Am Straßenrand liegen Kühe. Ich sehe Betonhäuser, kaum gebaut, wieder im Verfall. Wellblechhütten, ineinander verkeilt. Ein Gestrüpp aus Elend. Daneben alte Kolonialgebäude, Tempel mit Buddhas Farben und Daguba, hinduistische Heiligtümer. Der Name jedes Ortes klingt wie ein Gedicht: Balapitya, Aluthgama, Bentota.

In einem Monat gibt es Wahlen. Die Poster des Opponenten wurden polizeilich weggeräumt. Jegliche Werbung ist verboten, die Bilder des Amtsträgers gelten aber als notwendige Regierungserklärungen. Der Präsident ist überall zu sehen. Sein breites Lachen im feisten Gesicht mit Schnurrbart.

Nach vier Stunden sind wir da. Endlich angekommen. Das Geschrei der Vögel. Das Pfeifen der Baumhörnchen. Die Affen in den Bäumen. Ein Waran in der Lagune. Die Tempelbäume, die Mangroven, die Palmen.

Am Nachmittag rufe ich den Rabbiner in Colombo an. Ich spreche Ivrith mit ihm. “Gesegnet sei der Ankommende“, grüßt er mich. “Gesegnet der Anwesende“, ergänze ich brav die traditionelle Formel. Ich wolle ihn nach dem Schabbat, am Sonntag besuchen, erkläre ich. Er werde mich empfangen, sagt er und fügt hinzu, so der Allmächtige wolle.

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26. 12. ’09

Zum Frühstück Früchte. Sonniger Tag. Ich breche bald nach Hikkaduwa auf. Das El Dorado der Surfer. Ein zum Touristenzentrum mutiertes Fischerdorf. Ein Hotel nach dem anderen. Eines heißt: “Deutsch Lanka”. Badegäste aus Europa, Australien und Japan. Auf der Hauptstraße, in den Cafés, in den Souvenirläden sonnenverbrannte Wellenreiter in Pluderhosen, Frauen im Bikini. Ich gehe in die billigen Absteigen am Strand. Hier frage ich nach Israelis. Ich soll es bei Mambo versuchen, sagt mir ein blonder Australier. Eine Pension mit Bar. Hier schaue ich mich um. Im Sand stehen Himmelbetten. Aus den Boxen klingt Reggae. Der Kellner weiß nichts von Israelis, doch einer, ein drahtiger Kerl in den Zwanzigern spricht mich an. Er sei Mambo, der Besitzer. Er werde sehen, ob ein Israeli mit mir reden wolle. Im selben Moment legt er eine israelische Nummer auf. Sein Bruder rennt los. Im Hintergrund zwei Skandinavierinnen, die sich tätowieren lassen wollen. Ein Singhalese zeichnet Motive auf ihren Arm. Franzosen spielen Backgammon. Eine deutsche Familie, stupsnäsig, mit aufgebackenen Wangen die Frauen, stiernackige Fleischberge die Männer.

Dann treffe ich Uri. Ein junger Mann mit weichem Blick und kurzem Haar. Wird mir irgendwer erzählen, zweifelte ich in Wien, was einen hierher bringt. Aber Uri lädt mich ein. Wir sprechen Ivrith. Ob ich wirklich nicht mitrauchen wolle? Ob ich mit ihm zumindest Tee trinke? Er redet von Hikkaduwa, von den Israelis, von den Einheimischen, vom Militär, vom Krieg im Libanon, von seinen Ängsten, von seinen Erfahrungen in Gaza, von seinen Eltern. Tränen in seinen Augen. Und beim Abschied, ob ich wiederkomme, ihn zu besuchen.

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