Was fehlt? 10 & 1 Strategien einer satten Welt.
Di. 23. Oktober — 19:30
Tabakfabrik, Ludlgasse 19, 4020 Linz
Veranstalter: StifterHaus
Das Projekt :
Politikerreden, Begrüßungsreden, Lobreden, Abschiedsreden: Normalerweise dient “die Rede” dazu, mit möglichst vielen Worten das zu verschweigen, worüber geredet werden sollte.
Eine Rede sollte aber (naturgemäß) gehalten werden, um zu sagen, worüber nicht geredet wird. Im antiken Griechenland ist die Rhetorik als Kunst der öffentlichen Rede im Zusammenhang mit der Entwicklung der Demokratie entstanden. Freie Erwachsene, allerdings nur Männer, debattierten und bestimmten in Volksversammlungen über Politik, Geschicke und auch Gerichtsurteile, klagten an und verteidigten sich selbst, stellten Anträge, die sie begründeten oder widerlegten. Reden zu können war die entscheidende Vorbedingung für eine aktive Teilnahme am politischen Leben.
Das ist heute eindeutig nicht mehr so. Außer Politikern, meint Margit Schreiner, wagen es heute keine mehr, überhaupt etwas zu sagen. Für alles gibt es Experten. Und wer kein Experte ist, wird sowieso nicht ernst genommen. Experten sind aber einerseits aufgrund des heutigen Wissenstandes auf ihrem Gebiet hoch spezialisiert, auf allen anderen Gebieten meist unwissend, da Expertentum die lebenslange Ausrichtung auf ein einziges Gebiet zu verlangen scheint, d.h. sie verlieren oft den Gesamtzusammenhang; andrerseits werden sie im Laufe ihres Expertenlebens meist zwangsläufig zu Lobbyisten, da ihre Ausbildung, Forschung, etc. (immer mehr) privat bezahlt wird. Das macht das Reden für den Nichtexperten so heikel.
Österreich gehört zu den zehn reichsten Ländern der Welt. An der Einwohnerzahl gemessen hat Österreich Rang drei bei den Superreichen (über 100 Millionen Dollar) hinter der Schweiz und Singapur. Was fehlt? Alles, wenn man an die allgemeine Unzufriedenheit denkt, an die Zunahme von Depressionen, Burn-out, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, psychischen Erkrankungen. Und die Betroffenen werden immer jünger. Laut Standard vom Juni 2011 begeht in Österreich pro Woche ein Jugendlicher unter 18 Jahren Suizid. Welt online berichtete bereits 2007, dass 18 % der Kinder im Vorschulalter psychisch krank seien. 1990 wurden noch 1500 Kinder mit ADHS Syndrom medikamentös behandelt, 2002 bereits 50.000, 2007 350.000. Die deutsche Ärztezeitung von 2010 gibt an, dass die Zahl der unter 15jährigen, die sich mit psychischen Störungen in stationärer Behandlung befanden, in den Jahren von 2000 bis 2008 um 43% gestiegen ist. Profil schreibt 2011, dass die verschriebenen Antidepressiva für 10 jährige in den letzten drei Jahren um 50 % angestiegen sind. Innerhalb von zehn Jahren stieg in der Kinderklinik in Linz die Zahl der psychosomatischen Erkrankungen bei Volksschulkindern in stationärer Behandlung um 30 %. 20 % aller Kinder haben Essstörungen. Was fehlt? Nichts, wenn man an das Konsumverhalten denkt, an (noch bestehende) Sozialeinrichtungen, Gesundheitsversorgung, Bildungssystem, Pensionsversicherung.
Am Abbau dieser Komponenten wird gearbeitet, konstatiert Margit Schreiner, und sie entwickelt in ihrer Rede zehn Strategien, wie man erreicht, dass alles da zu sein scheint und nichts fehlt. Sie demaskiert Schnittstellen von Realität und Träumen. Die Autorin Margit Schreiner geht von (zum Teil widersprüchlichen) Erscheinungsbildern in der Gesellschaft aus. “Wir wissen ungefähr wie es funktioniert, wie Dinge zusammenhängen, aber nicht, wie sie entstehen und wie sie sich entwickeln, d.h. wir haben es mit Syndromen zu tun. Ich habe zehn Syndrome herausgegriffen, die einen ungefähren Überblick geben könnten, woran wir kranken, was uns fehlt…”
Das Video
Video : Patricia Marchart @ visioncraft.at
Margit Schreiner: Was fehlt? 10 & 1 Strategien einer satten Welt. from mitSprache 2012 on Vimeo.
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