
Von Dschalalabad nach Bad Schallerbach طبع
[ كتاب مقترح من Incentives ]
Im leicht 'verhatschten' Schüttelreim des Titels ist es schon drin, jenes springinkerlhafte Hin-Her-Hin, das Erwin Einzingers Schreiben charakterisiert. Zwei in entgegengesetzte Richtung strebende Pfeilchen, in je einen Farbkringel eingeschrieben, ziehen sich wie ein gesäumter Rorschachklecks über das Buchcover und verbildlichen diese übermütigen Energien. Als signalisierte dieses vom Autor fabrizierte Motiv nicht bloß, dass eins aufs andere verweise, sondern auch, dass das Buch von vorne zu nehmen sei wie von hinten – was so abwegig nicht ist. Denn viel mehr als dass hier einer „beflissen wie ein Dienstmann“ eine Geschichte erzählt, werden Formen und Formeln des Erzählens durchgespielt, wird man vom Hundertsten zum Tausendsten katapultiert, schieben sich Cliffhanger ineinander zu Schachtelgeschichten, wechseln Anekdoten mit Exkursen unterschiedlichster Art, fast wie in Tausendundeinernacht.
„Jedes Land hat sein Samarkand und sein Numancia“, ist man versucht, dies salopp zu paraphrasieren – wird schließlich auch hier mir nichts, dir nichts eine zentralasiatische Großstadt mit einem europäischen Örtchen zusammengespannt. Anders aber als Peter Handkes im Gleichmaß wogender epischer Gang und Gesang durchs Sagenhafte der „Morawischen Nacht“ lässt Einzinger es bisweilen gehörig rumpeln und krachen. Als leicht bizarrer Reiseroman hat das Buch auch etwas von einem Roadmovie an sich, insofern als die Personnagen dem Autor als Vehikel dienen, „eine fremde, seltsame Welt“ zu kartieren, die atmosphärisch gelegentlich an Filme von David Lynch erinnert. Die weißen Flecken der Erde, von denen im Klappentext die Rede ist, erscheinen so gesehen mitunter bunt wie „gescheckte Fetzen“. Und das ebenso im Klappentext in Stellung gebrachte Fernrohr als ein umgekehrtes, das den Blick auf das Belanglose des Alltags richtet, reicht einem zugleich ein bildkräftiges französisches Verb an die Hand, um das das Deutsche ärmer ist: „téléscoper“ nämlich, das etwas auf etwas anderes auffahren, mit etwas zusammenstoßen lässt, Diverses sich ineinanderschieben, und zwar so, dass es ordentlich grammeln kann.
Kurzfassung der Rezension von Ulrike Matzer, 8. März 2011 Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=8742
[ معلومات ] Einzinger, Erwin: Von Dschalalabad nach Bad Schallerbach.
(original language: German)
Jung und Jung,
Salzburg/Wien, 2010
.
ISBN: 978-3-902497-69-7.