Documentary Fiction

Documentation of literary Documentary Fiction

Die Europäischen Literaturtage 2013 diskutierten den Bereich des dokumentarischen Romans. Das dazu eröffnete Archiv versammelt Buchempfehlungen von readme.cc Usern. Besprechungen, die unter dem Stichwort "Roman" abgespeichert werden, erweitern das Archiv


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Documentary Fiction vytisknout

Pssst !

Geschichte einer Kindheit

Federman, Raymond

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[ Knižní tip Beat Mazenauer ] Der französisch-amerikanische Schriftsteller Raymond Federman ist ein Entkommener. Das eigene Überleben schuldet er einer mütterlichen Spontanhandlung, einem skandalösen Zufall: Als am 16. Juli 1942 Gestapo und französische Polizei in Paris die Juden zusammentrieben, schob die Mutter den 14-jährigen Jungen mit einem „Pssst!“ in einen Wandschrank. Vater, Mutter und die zwei Schwestern wurden in Auschwitz ermordet, Raymond aber überlebte: „Dieses Pssst, ich habe es schon oft erzählt, war das letzte Wort, das ich von meiner Mutter gehört habe, als an jenem traurigen Julitag 1942 die Tür der Abstellkammer, in der sie mich versteckt hatte, hinter mir zuging... Pssst! Dann wirst du überleben.“
In seinem letztenBuch hat er die Geschichte nun nochmals erzählt, um die alte frage zu bekräftigen: „Warum ich?“. Allerdings mischt sich gleich eine zweite, vorlaute Erzählerstimme ein: „Scheisse, Federman, wie ernst das ist...“ Sein surfiktionales Alterego warnt den Erzähler vor einem „verbrauchten Realismus“. Was ist Erinnerung, was historische Wirklichkeit? Raymond Federmans Texte kreisen stets um diese Grundsatzfrage. Der Erzähler beteuert seinen Lesern: „was ich euch erzähle, ist reine Fiktion, weil ich meine ganze Kindheit vollkommen vergessen habe. Sie steckt in mir fest. Alles, was ich euch sage, ist also erfunden, nur Rekonstruktion.“
So blicken wir in die Untiefe seiner Prosa, die bezeugt, indem sie das Bezeugte hinterfragt. Der 14-jährige Junge trat aus dem Bauch des Wandschranks in eine völlig neue Welt hinaus. Die Kindheit blieb zerstört zurück – sie nun wieder aus dem Vergessen herauszuschälen, heisst für den 80-jährigen Federman, sie neu zu erfinden. Dies könnte mit den Mitteln eines beschönigenden Realismus geschehen, oder als ungefügter Textsteinbruch. Letzteres strebt Federman aus poetologischem Kalkül an.

Begleitet von den Einwänden des kritischen Alteregos erzählt „Pssst!“ in Anekdoten und Abschweifungen eine jüdische Kindheit in der südlichen Pariser Vorstadt Montrouge. Der Vater war Künstler, Spieler und Frauenheld – womit bereits gesagt ist, dass es im Hause Federman an allem und jedem fehlte. Die Mutter stopfte die Lücken, wo es ging, oft vergeblich. In diesem Umfeld wuchs der kleine Raymond als scheues, rachitisches Kind auf.
Federman ist ein listiger, gewitzter Erzähler, dem trotz beständiger Selbstreflexion immer wieder emotional anrührende Szenen gelingen. „Pssst!“ ist ein einzigartiges Buch, das mit einem Lachen zu ergründen versucht, weshalb gerade er überlebt hat.

[ Informace ] Federman, Raymond: Pssst !. Geschichte einer Kindheit. (original language: Deutsch) Weidle Verlag, Bonn, 2008 (2007).
Přeloženo z Französisch od Andrea Spingler


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