Neue Literatur aus Österreich
Incentives - Neue Literatur aus Österreich
readme.cc eröffnet einen mehrsprachigen Zugang zur neuesten österreichischen Literatur. In Kooperation mit dem Literaturhaus in Wien bietet die Leseplattform Einblick in das aktuelle literarische Geschehen des Landes.
LiteraturjournalistInnen und WissenschaftlerInnen stellen aktuelle Neuerscheinungen vor, Leseproben vermitteln kurze Einblicke in die jeweiligen Texte, Kurzporträts der Autorinnen und Autoren ergänzen das Bild.
Das Informationsangebot steht derzeit in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch.
Das Projekt will zur Internationalisierung österreichischer Literatur beitragen bzw. zur Übersetzung aktueller Texte anregen.
Durchführung: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Rezensionen, Autorenporträts) – Übersetzergemeinschaft (Übersetzungen) – readme.cc (Infrastruktur).

Neue Literatur aus Österreich drucken
[ Buchtipp von Villö Huszai ] Die Leserin von Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" wird immer wieder zurückverwiesen an frühere Textstellen - ganz ähnlich ergeht es ihr in Matthias Polityckis neuestem Roman "Herr der Hörner": Der Held verfällt kurz vor Ende einer herkömmlichen Touristenreise einer kubanischen Tänzerin, kehrt bald nach Kuba zurück und seiner bürgerlichen Existenz in Europa den Rücken. Er gibt sich auf seiner Suche einer permanenten Orientierungs- und Erinnerungstätigkeit hin - und mit ihm die Leserin. Wo der Held im Dunkeln der Erinnerung des soeben oder früher Erlebten tappt, sieht auch sie sich mit der Vagheit und Unverlässlichkeit der eigenen Erinnerung konfrontiert, nur handelt es sich bei ihr um Lese-Erlebnisse. Wie Politycki reales Lesen und fiktives Erleben ineinanderzublenden vermag, ohne dabei jemals zum heutzutage so beliebten Mittel der expliziten Metafiktionalität zu greifen; wie er also scheinbar ganz realistisch seine Geschichte erzählt und dabei die Leserin aber mit ihrem eigenen Lesen wie mit einem Spiegelkabinett zu konfrontieren vermag, einem Spiegelkabinett, in dem die Spiegel vom Dunstschweiss des sich Erinnern-Wollens ganz trüb geworden sind, das ist meisterhaft. Das Buch hat aber auch etwas Philisterhaftes, gerade weil es so gut erzählt ist - es ist kein Buch, das man zweimal lesen mag, und das ist anders als bei Musils "Mann ohne Eigenschaften", zu dem jener in einer Nachlass-Notiz schrieb: "Es ist sehr anmassend: ich bitte mich zweimal zu lesen, im Teil u. im Ganzen". Doch paradoxerweise ist Polityckis Roman fertig, also "im Ganzen" lesbar, und dem Musil seiner bekanntlich ja nicht.
[ Info ] Politycki, Matthias: Herr der Hörner.
Hoffmann und Campe,
Hamburg 2005
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Dieses Buch ist ...
Genre: Roman
Stichworte: beeindruckend
Stil: leicht, experimentell
Empfohlen für: Sprachgenuss
Sprachen (Buchtipp): Deutsch