Neue Literatur aus Österreich

Incentives - Neue Literatur aus Österreich

readme.cc eröffnet einen mehrsprachigen Zugang zur neuesten österreichischen Literatur. In Kooperation mit dem Literaturhaus in Wien bietet die Leseplattform Einblick in das aktuelle literarische Geschehen des Landes.

LiteraturjournalistInnen und WissenschaftlerInnen stellen aktuelle Neuerscheinungen vor, Leseproben vermitteln kurze Einblicke in die jeweiligen Texte, Kurzporträts der Autorinnen und Autoren ergänzen das Bild.

Das Informationsangebot steht derzeit in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch.

Das Projekt will zur Internationalisierung österreichischer Literatur beitragen bzw. zur Übersetzung aktueller Texte anregen.

Durchführung: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Rezensionen, Autorenporträts) – Übersetzergemeinschaft (Übersetzungen) – readme.cc (Infrastruktur).

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Spuren der Verirrten

Handke, Peter

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[ Buchtipp von Arno Raffeiner ] Schon mitten auf der ersten Seite, zwischen vereinzelt auftretenden und abgehenden Verirrten, sitzt es dick im Text: das "Ich". Ich sind die LeserInnen, die ZuschauerInnen, und Ich ist auch Peter Handke, der sich mit diesem Theaterstück einmal mehr für eine Literatur stark macht, die als Imaginationsraum ernst genommen werden will. Wo das Drama zum erzählenden Text wird, kann es auch auf einer bloß gedachten Bühne stattfinden, kann gelesen und nicht nur gesehen werden. Hier passt er wieder einmal, der Slogan vom "Abenteuer im Kopf" - auch wenn nicht so genau auszumachen ist, was bei diesem Abenteuer eigentlich passiert.

Die "Spuren der Verirrten" sind Überbleibsel eines pausenlosen Kommens und Gehens und Aneinandervorbeilaufens: von Paaren, Passanten, von merkwürdigen Gruppierungen aus Schlägerinnen oder Ordnungshütern oder Zwischenrufern und natürlich von Handkes bewährten Standardfiguren: den Schimpfern. In eigentümlich ineinander verschachtelten Dialogen, oder vielleicht besser: in Monologfetzen reden sie aufeinander ein und aneinander vorbei, sprechen von Tormännern, Selbstmordattentätern und Trostkaspern. Es geht um private Allerweltsszenarien genauso wie um globale Kriegswirren, denn in all diesen Szenarien findet der Autor ein "kümmerliches Leben" wieder. Eine der unzähligen namenlosen Figuren bringt es auf den Punkt: "Die Welt ist unbespielbar geworden. [...] Der Donner - donnert nicht mehr. Die Schmerzen - schmerzen nicht mehr. Die Herzen - herzen nicht mehr."

In diesem Getümmel der Ratlosigkeit erweist sich als größter und bester Schimpfer wieder einmal jenes Ich. Dem wird es plötzlich im eigenen Text zu weinerlich, zu altbekannt, zu langweilig. Da sitzt es und springt auf und beschimpft die Gehenden auf der Bühne, weil es endlich genug hat von der Gedanken- und Gefühllosigkeit, ja der Stumpfheit, die beim ewigen Weitermachen und Fortschreiten von den Verirrten Besitz ergreift. Jetzt noch mal dick und selbstzufrieden zurück in den Text setzen - oder doch lieber abgehen? Das ist bei Handke die Frage.

[ Info ] Handke, Peter: Spuren der Verirrten. Suhrkamp, 2006 . ISBN: 3-518-41854-8.


Dieses Buch ist ...

Genre: Theaterstück
Stichworte: ungewöhnlich
Stil: experimentell, ernsthaft
Empfohlen für: Lektüre zum Nachdenken
Sprachen (Buchtipp): Deutsch


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