
Einer drucken
[ Buchtipp von Christoph Keller ] "Jetzt kommen sie und holen Jakob" Wann in der jüngeren deutschsprachigen Literatur hat einer sein erstes Prosastück mit einem wuchtigeren Paukenschlag begonnen, einem Satz eröffnet, der ihn gleich in der Literatur etabliert hat? Norbert Gstrein legte 1988 mit der Erzählung "Einer" den eindringlichen, verblüffend stilsicher geschriebenen Text einer Verstörung jener Jakobs vor. Jakob, in einem südtiroler Skiort zu Hause, hat ein Verbrechen, eine Untat begangen, die nie wirklich ausgesprochen wird, und darum, als Ergebnis der Verstörung, umso nachhaltiger nachwirkt. Was war es? Betrunkenes Randalieren? Gröbere Ruhestörung? Hat er sich an einer der frustrierten Skitouristinnen, die periodisch sein Kaff heimsuchen, vergriffen? Oder ist die "Ruhe", die er gestört hat, die ihn so radikal verstört hat, jene scheinheilige Ruhe, die in einem wie dem von Gstrein belebten Tal in dem er, mit dem Skiass Bernhard als Bruder selbst aufgewachsen ist, plötzlich an die Oberfläche bricht? Gstrein hat seinen Text raffiniert komponiert es werden nur gerade zwei Stunden Wartezeit geschildert, in die er in atemlos zu lesenden Rückblenden die Geschichte Jakobs, bis sie ihn holen, erzählt. Atem holen. Buch holen und in einem Zug durchlesen!
[ Info ] Gstrein, Norbert: Einer.
Edition Suhrkamp,
Frankfurt 1988
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Dieses Buch ist ...
Genre: Erzählende Prosa
Stichworte: meisterhaft
Sprachen (Buchtipp): Deutsch