Autoren, die von 2009 bis 2014 Gast waren bei den Europäischen Literaturtagen.

[ Buchtipp von Gudrun Schury ] Ich trage zwar einen Namen, der schwer zu buchstabieren ist, aber: Ich trage keinen großen Namen! Und das ist ein Segen! Wer möchte schon ewig als die Tochter von XY bekannt sein? Wie Eugen Gomringer zu heißen, sich im selben Metier zu tummeln und dann noch aus dem langen Schatten des berühmten Vaters herauszutreten, nötigt mir Respekt ab.

Nora Gomringer ist eine moderne Frau. Sie hat Anglistik und Germanistik studiert, früh als Rezitatorin angefangen, lebte immer wieder in den USA, wo sie die Performance-Poetry-Szene kennen lernte. Heute ist sie ein Star des deutschen Poetry Slams, jener Sprachakrobatik vor Publikum, die unmittelbar ins Ohr geht und – wenn intelligent gemacht – durch Schnelligkeit, Melodie und Poesie bezaubert. Dementsprechend ist Gomringers Sammlung „Sag doch mal was zur Nacht“ eine CD beigelegt. Eine schöne, klare, tiefe Stimme fasziniert mit Hauchen, Singen, Schmeicheln, Heulen, Lautmalen. Sind es Gedichte? Sind es Prosasplitter? Man wird wohl einfach nur „Text“ sagen müssen zu diesen sprachmächtigen, ideenreichen, pointierten Gebilden. Und eine Textur haben sie alle, ein Gewebe aus Seiden- und Woll- und Lurex- und Hanffäden, mit Knötchen und Pailletten und Löchern zum Durchschauen.

Den Pablo-Neruda-Preis des Literaturhauses Rostock, den Internationalen Lyrikpreis des IWC in Turin, den Bayrischen Kulturpreis und den Nikolaus-Lenau-Lyrikpreis hat sie schon. Jetzt kriegt sie noch meinen: Ich glaube an Sie, Gomringer!

[ Lieblingszitat ] Sag doch mal was zur Nacht, dieser Nacht mit den Sternen und Steinen am Boden unter der Decke auf dem Hügel, auf den der Mond sich gelegt hat, mit dem Gesicht in den Händen, du sagst ja gar nichts zu der schönen Nacht, dieser Nacht, mit Näglein besteckt, mit Rosen bedacht, du sagst eh viel zu selten irgendwas, könntest doch jetzt mal was sagen, sagen, zur Nacht was sagen, zu dieser Nacht (…)

[ Info ] Gomringer, Nora: Sag doch mal was zur Nacht. (original language: Deutsch) Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig, 2006 . ISBN: 3 938424 13 3.