
Day drucken
[ Buchtipp von Antje Flemming ] Alfred F. Day kennt den Krieg. Mit dem Leben hingegen hat er seine Schwierigkeiten: „Die Unendlichkeit mag Kriege, sie bieten ihr ein Einfallstor.“ Die meiste Zeit hat er als Heckschütze in einem Lancaster-Bomber verbracht, mit Pluckrose und Molloy und Torrington und Miles und Parks und den anderen „Kriegies“, die ihm Vatermutterkind sind. Und dann ist da Joyce, in die der Mann von „praktischer Kürze“ sich in einer Nacht unter Londons bombenschwarzem Himmel Knall auf Fall verliebt. Nach dem Sieg steht er da – ohne Freunde, ohne Frau, ohne inneren Frieden: „Dein gebrochenes Herz ist immer noch nicht geheilt. Du vergisst es nicht, denn wenn du dich an manchen Tagen zu schnell umdrehst oder dich im Bett auf die andere Seite rollst, dann stoßen die Teile deines Herzens zusammen, und sie sind immer noch scharfkantig. Davon musst du husten.“
1949 wird ein Kriegsfilm an Originalschauplätzen gedreht. Während die Welt ihre Wunden leckt, will Alfred „seinen“ Krieg nicht vergessen. Als Komparse reproduziert er das, was seine einzige Realität war, als filmisches Klischee. Und Stück für Stück kommt eine neue Menschlichkeit ans Licht ... In ihrem neuen Roman „Day“ entlarvt die Schottin A.L. Kennedy, eine der klügsten Autorinnen unserer Tage, die gleichmachende Wirkung des Krieges, der seine Teilnehmer als emotionale Wracks entlässt, egal, ob sie aus dem ehemaligen Nazi-Deutschland oder dem Irak heimkehren. Mit ihrer am Schleifstein der düsteren Ironie gewetzten Sprache bohrt sich Kennedy bis an den Boden der Traumata ihres beschädigten Helden und stellt so die immer wiederkehrenden brutalen Klischees des Krieges bloß. Nichts scheint dieser Meisterin des kristallinen Schreibens fremd zu sein, nicht der Schrecken des Kampfes, nicht das Sterben und nicht die Freundschaft angesichts des Todes. Und so geschieht das Unerwartete, das Mutige – die Hoffnung zieht ein in Alfreds Dasein. Das Ende, ein Neuanfang?
[ Lieblingszitat ] Und dann hatte der Krieg ihn und die anderen natürlich aufgestöbert, hatte jenseits der Bäume gesungen, geheult und gewummert, und Alfred hatte angenommen, sie würden bald erschossen werden, sich aber geirrt.
[ Info ] Kennedy, A.L.: Day.
(original language: Englisch / Deutsch) Aus dem Englischen von Ingo Herzke.
Wagenbach Verlag,
Berlin, 2007
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ISBN: 978-3-803-1322147.