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Blutspuren

Modan, Rutu (Übersetzung: Barbara Linner)

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[ Buchtipp von Christian Gasser ] Kurz vor einem Terroranschlag auf den kleinen Busbahnhof in Hadera verschwindet ein Mann. Seine junge Geliebte Numi vermutet, er könnte dem palästinensischen Selbstmordattentäter zum Opfer gefallen sein, und überredet seinen Sohn, den Taxifahrer Kobi, ihr bei der Suche nach dem Verschwundenen zu helfen. Der mürrische Kobi willigt nur widerwillig ein – er hat den Kontakt zum verhassten Vater Jahre zuvor abgebrochen. Aus dieser Detektivgeschichte rund um das ungleiche Paar macht Rutu Modan eine Reise ins dunkle Herz des Nahen Ostens.

In "Blutspuren" ist der Nahostkonflikt allgegenwärtig als Auslöser und Kulisse der Geschichte – und gleichzeitig ist er merkwürdig und auf beklemmende Weise abwesend und unsichtbar. Bis auf die direkt Beteiligten haben alle den Anschlag in Hadera vergessen, weil tags darauf eine Bombe in Haifa deutlich mehr Opfer forderte. Die Gründe für den Anschlag werden nie angesprochen, der Nahostkonflikt wird von den Protagonisten verdrängt, obschon er ihr Leben bestimmt, und auch die Palästinenser werden kein einziges Mal erwähnt – es ist, als gäbe es sie nicht, und niemand scheint ernsthaft Antworten auf die vielen dringenden Fragen suchen.

Auch Rutu Modan gibt keine Antworten. Sie erzählt die Geschichte von Numi und Kobi, die sich auf der Suche nach ihrem Geliebtem und seinem Vater ineinander verlieben. Ob die politische Kulisse oder die persönlichen Erfahrungen – immer arbeitet Rutu Modan mit den kleinen Elementen des Alltags, und das macht "Blutspuren" so eindringlich und glaubwürdig. Rutu Modans Zeichenstil trägt das Seine zur Wirkung der Geschichte bei. Modan ist geschult an der klassischen frankobelgischen Tradition eines Hergé, ihr Strich ist klar, sauber, subtil und verweigert sich jeglicher Effekthascherei. Der Kontrast zwischen den tiefenscharfen und objektiv wirkenden Bilder und den Schattenzonen und Unklarheiten, dem Unsichtbaren, Ungesagten und Verdrängten, schärfen und vertiefen die Aussage ihres Comic-Romans.

"Blutspuren" ist ein Comic-Roman aus dem Israel von heute. Ohne den Nahostkonflikt offen anzusprechen, reflektiert Rutu Modan seine Wirkung auf das Leben in Israel. Man lebt im Kriegszustand, versucht aber, den Kontext auszublenden. Damit schildert sie den Alltag und das Lebensgefühl der Israeli so präzise wie kaum jemand sonst.

[ Info ] Modan, Rutu: Blutspuren. (original language: Deutsch) Übersetzung: Barbara Linner. Edition Moderne, Zürich, 2008 . ISBN: 978-3-03731-035-9.


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