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Südbalkon

Straub, Isabella

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[ Buchtipp von Incentives ] Isabella Straub versteht sich nicht bloß auf das Verfertigen von Literatur, sondern auch auf das Präsentieren ihrer Arbeit. Die starke Medienpräsenz des Debüts verdankt sich aber der handwerklichen Präzision und der vielschichtigen Thematik von „Südbalkon”.

Es überrascht nicht, dass man in den Besprechungen Beschreibungen finden kann, die sich teilweise widersprechen. Der zwischen Tragödie und Komödie anzusiedelnde Roman werde mit viel Sprachwitz vorgetragen, dessen Humor einmal als „bösartig” empfunden, dann als „ohne Bösartigkeit” charakterisiert wird. Vom Text gehe „Suchtgefahr” aus.

Die Geschichte erzählt Ruth Barbara Amsel, eine gescheiterte Medizinstudentin, zwischenzeitliche Gestalterin von Todesanzeigen und nun arbeitslos. Sie behauptet von sich: „Ich bin so programmiert, dass ich nur Leute belügen kann, die ich kenne.” Durchaus glaubhaft und authentisch wirkt das Personal in „Südbalkon”. Da ist Ruths programmierender Freund Raoul, der Geschäftsideen hat und aus etwas unklaren Gründen ins Krankenhaus kommt, und die mit einem wohlhabenden Mann verheiratete Maja, beste Freundin Ruths. Die Eltern Ruths leben in einer Dreierbeziehung. Außerdem gibt es Herrn Othmar, „ein Verwalter des Scheiterns”, von der „Gesellschaft für Wiedereingliederung”; P. Gerfried, einen musikalischen und siebenseidigen Krankenhausseelsorger ... insgesamt ein Panoptikum alltäglicher Menschen.

Die Fäden werden von Ruth zusammengehalten. Sie lebt von der Sozialbeihilfe, die sie von der „Gesellschaft für W” erhält, unterstützt damit noch Raul, den sie in Verdacht hat, sie zu betrügen. Sie verdächtigt Maja, nimmt lieber den Putzfetzen als ihr Schicksal in die Hand und schreibt eine Art Tagebuch, in dem sie Notizen über Menschen sammelt. Dabei hat Ruth eine Vorliebe für spezielle Orte, die Isabella Straub „Fake-Orte” nennt. Sie erinnern deutlich an die Nicht-Orte des franzöischen Anthropologen Marc Augé. In „Südbalkon” sind diese ein Krankenhaus, die Büros der „Gesellschaft für W”, das Küchenstudio eines Möbelhauses, der Esoterik-Verkaufsraum an einer Tankstelle.

Ruth ist eine durchaus sympathische Figur. Sie ist schwach, hat aber Verstand und Witz. Isabella Straub schafft es aus der Geschichte dieser Frau eine leichtfüßige Betrachtung über das Leben im Präkariat zu schreiben.

Kurzfassung der Rezension von Helmut Sturm, Juni 2013
Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=9991

[ Info ] Straub, Isabella: Südbalkon. (original language: Deutsch) Blumenbar Aufbau Verlag, Berlin, 2013 . ISBN: 978-3-351-05002-3.


Dieses Buch ist ...

Genre: Roman
Sprachen (Buchtipp): Slowenisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch


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