Documentation Graphic Novel / Bandes dessinées

Die Europäischen Literaturtage 2013 diskutierten den Bereich des Graphic Novel. Das dazu eröffnete Archiv versammelt Buchempfehlungen von readme.cc Usern. Besprechungen, die unter dem Stichwort "Comics" abgespeichert werden, erweitern das Archiv.

[ Bogtip efter Christian Gasser ] Johnny Cash kann sich wahrlich nicht beklagen: Nach zahlreichen Büchern und dem Film "Walk The Line" widmet sich auch der Comic "Cash. I See a Darkness" dem Leben des Man in Black. Man täte dessen Autor Reinhard Kleist indes Unrecht, würde man ihn der Trittbrettfahrerei auf der Cash-Lokomotive verdächtigen – seine Biographie ist liebevoll und sachkundig recherchiert und umgesetzt.

Wie der Film leuchtet auch Kleist die Jahre von der Kindheit bis zum Auftritt im Folson Prison aus und verwendet das legendäre Gefängniskonzert als Rahmengeschichte. Er zeichnet Johnny Cash als getriebenen und innerlich zerrissenen Menschen, der mit seiner Karriere und seinem Leben nicht zurecht kommt: Der drogensüchtige Superstar, sein Scheitern als Familienvater, die lange unterdrückte Liebe zu June Carter, die Widersprüchlichkeit seiner öffentlichen Auftritte und Engagements … Im Gegensatz zum Film "Walk The Line" rückt Kleist aber konsequent den Musiker und Songschreiber Cash in den Fokus: Auch wenn Johnny Cash in den sechziger Jahren seine Dämonen nicht im Griff hatte, verlor er nie seine Fähigkeit, grossartige Geschichten zu erzählen, fantastische Songs zu schreiben oder die Songs anderer so zu interpretieren, als wären es die seinen.

Neues erfahren wir in Reinhard Kleists Biographie nicht, aber sie gewährt uns eine andere Perspektive und vor allem: andere Bilder. Kleist hat für "Cash" einen rauhen, sehr lebendigen Schwarzweiss-Strich gewählt. Interessant ist die Entwicklung des Stils von den eher leichten, impressionistischen Bildern aus der Kindheit zu immer realistischeren und härteren Zeichnungen, die auch die Veränderungen in Cashs Gesichtszügen reflektieren. Gelungen und reizvoll sind auch Kleists Umsetzungen bekannter Cash-Songs wie "Folsom Prison Blues", "A Boy Named Sue" oder "Hurt" in Bildfolgen und Bildergeschichten, in denen er klugerweise weitgehend auf den Text verzichtet und der Kraft der Bilder vertraut.

Christian Gasser

[ Boginfo ] Kleist, Reinhard: CASH. I See A Darkness. Carlsen, Hamburg, 2006 . ISBN: 978-3-551-76837-7.