New Literature from Austria
Incentives - New Literature from Austria
readme.cc provides multilingual access to the latest Austrian literature. In collaboration with the Literaturhaus in Vienna the reading forum offers the latest insights about literature published in Austria.
Literary journalists and researchers introduce current new publications; reading samples allow for a closer look at the texts; short portraits of the authors complement the picture.
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The Project "Incentives" targets at the internationalization of Austrian literature, respectively the translation of current texts.
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[ Bogtip efter Incentives ] Thomas Glavinic ist ein Spezialist für die schiefe Ebene. Seine Protagonisten stemmen sich gegen die Schwerkraft allen Erdenwallens, haben mit Phlegmatismus, Alkohol und Demoralisiertheit zu kämpfen. In seinen frühen Romanen kamen oft junge Männer vor, die eine Aura von Käsesocken und Onanie umwehte. In seinen letzten Romanen müssen sich Männer in mittleren Jahren mit Ehefrauen und Kindern, mit schwankenden Karrierehoffnungen oder nachlassender Liebe arrangieren. So war es in "Das bin doch ich" (2007), einer Fingerübung in Prosa um einen Schriftsteller namens Thomas Glavinic. So ist es auch in "Das Leben der Wünsche", einem Roman, der in seiner Erzählhaltung realistisch ist, jedoch von Phantastischem berichtet.
Märchenhaft ist der Beginn, alptraumhaft der Schluss. Jonas, ein Werbetexter ohne größeren Ehrgeiz, mittelprächtig verheiratet und voller heißer Gedanken an seine Geliebte Marie, wird auf der Straße von einem Unbekannten angesprochen. Der Mann bietet ihm die Erfüllung dreier Wünsche an. Jonas nimmt den Kerl nicht ernst, wünscht sich dann aber doch mit dem ersten Wunsch gleich die Erfüllung aller Wünsche. Es vergeht einige Zeit, nichts passiert. Dann bemerkt Jonas, dass zwischen seinen unbewussten Wünschen und den dramatischen Ereignissen in seiner Umgebung ein Zusammenhang bestehen könnte. Zunächst stirbt seine Frau, einfach so, an Herzversagen. Ein Mann wird vor seinen Augen von einem Lkw überfahren, ein Tankwart erschossen, ein Flugzeug, für das er gebucht hatte, fängt Feuer. Und ein halbes Wunder geschieht: Marie entscheidet sich für ein Leben mit Jonas. Ihr russischer Gatte ist urplötzlich nach Ossetien in den Kampf gezogen.
Thomas Glavinics Raffinesse besteht darin, die Ungeheuerlichkeit der Ereignisse in einen unauffällig-harmlosen Erzählton zu verpacken. Dies gelingt vor allem durch knappe Hauptsätze, in die sich die zahlreichen, für seinen Sound typischen SMS-Botschaften camouflageartig einfügen. Ein wenig zu absehbar ist dagegen der märchenhafte Handlungsverlauf. Es überrascht nicht wirklich, dass dem Helden die eigenen Wünsche zu Knüppeln zwischen den Beinen werden. Das ändert allerdings nichts daran, dass Thomas Glavinic, Jahrgang 1972, zu den besten österreichischen Erzählern seiner Generation zählt.
Judith Leister, November 2009
Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=7304
[ Boginfo ] Glavinic, Thomas: Das Leben der Wünsche.
(original language: Deutsch)
Hanser Verlag,
München,
ISBN: 978-3-446-23390-4.