New Literature from Austria
Incentives - New Literature from Austria
readme.cc provides multilingual access to the latest Austrian literature. In collaboration with the Literaturhaus in Vienna the reading forum offers the latest insights about literature published in Austria.
Literary journalists and researchers introduce current new publications; reading samples allow for a closer look at the texts; short portraits of the authors complement the picture.
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„Don't cry - work!”
Diese Anleitung wählte der Autor Rainald Goetz als Untertitel für seinen frühen Roman Irre. Dementsprechend der Werkbegriff: Existentiell. Alles ist eins: Leben, Schreiben, Wirklichkeit, Literatur. So auch in Thomas Ballhausens neuem Werk Bewegungsmelder. In zehn Prosastücken erzählt der Wiener Schriftsteller und Kulturwissenschaftler Episoden aus der alltäglichen Medienrealität und Lebenswelt eines radikalen Solipsisten.
Fluchtversuche und Interventionen heißen die beiden Teile des schmalen Buches. Die Überschriften sind Programm. Denn während Ballhausen in die fließende Form der ersten sechs Erzählungen die Auseinandersetzung mit Geschichte, Schuld und Gedächtnis einschreibt, vor der seine Protagonisten zu fliehen versuchen, erprobt er in dem rhythmischen Stakkato der vier Interventionen die Revolte gegen jegliche Festlegung durch die Kultur und ihre Narrative.
Ballhausen schreibt eine hochreflektierte, doch dabei sinnliche Prosa. Im Schreibprozess verschmelzen Schriftsteller, Ge- und Beschriebene(s) zum Schrift-Körper, einer Textur, in der Bruchstücke von Träumen und Erinnerungen, fiktive Begegnungen und reale Kontakte, Erlebtes und Zitiertes gleichwertig nebeneinander stehen.
Die programmatische Offenheit und gleichzeitige strenge Hermetik von Ballhausens Prosa speist sich aus ihrer Vielstimmigkeit. Die Häufung von Zitaten aus „Pop und Poetik/ Poetik und Pop“ zeigt die intertextuelle Verstrickung als Spiel, das die Genre- und Gattungsgrenzen durchdringt und den Leser vor die Herausforderung stellt, den vielen Spuren zu folgen anstatt nach einem roten Faden zu suchen.
Im Grunde sind es jedoch Geschichten über die Liebe, die Ballhausen erzählt, wenn auch unglückliche, gescheiterte. Am ehesten gelingen flüchtige Begegnungen von Fremden, unter Vorspiegelung falscher Namen und Leben, die Gesichter hinter Masken verborgen, die Körper käuflich. Doch ihnen allen ist in ihrer Heimatlosigkeit eine heimliche Sehnsucht nach Romantik und Geborgenheit eigen. Für sie – und das ist das vielleicht Verblüffendste an diesem belesenen Buch – findet Ballhausen, dieser so ernsthafte, kluge und kopflastige Autor, wunderbar melancholische Sätze von stiller Poesie.
Kurzfassung der Rezension von Martina Wunderer, November 2010
Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=8506
[ Boginfo ] Ballhausen, Thomas: Bewegungsmelder.
(original language: Deutsch)
Haymon Verlag,
Innsbruck, Wien, 2010
(ja).
ISBN: 978-3-85218-643-6.