
Der Turm l'imprimer
[ Recommandation de Uwe Schütte ] Dieser Roman annonciert seinen Anspruch schon auf den ersten Blick durch den immensen Umfang von knapp tausend Seiten. Ein veritabler Buchziegel. Nicht weniger als der große Wenderoman, der an die „Buddenbrocks“ heranreichende Familienroman soll es sein – nur dass hier weniger vom Verfall einer Familie als vom Verfall eines Staates erzählt wird. Die letzten paar Jahre der DDR nämlich. Die Handlung spielt aber nicht etwa wie klischeehaft zu erwarten in einem Leipziger Plattenbau oder einer Bohemewohnung in Prenzlauer Berg, sondern im bürgerlichen Villenviertel der Barockperle Dresdens.
Drei Generationen miteinander verwandter Familien verfolgt Tellkamps Roman, hinzu kommen unzählige Neben- und Randfiguren. Der Text trägt durchaus schwer an seinem hohen Anspruch, insistiert er doch in nicht wenigen Passagen zu sehr auf erzählerische Details, alles im selbstbewussten Gestus des großen Wurfs. Allerdings: Letztlich ist der Roman auch just das, ein kaleidoskopartiges Panorama der untergehenden Alternative zum Kapitalismus aus der Sicht eines – der Widerspruch ist beabsichtigt – sozialistischen (Bildungs-)Bürgertums. Es gehört zu den Verdiensten dieses – um einen Begriff der DDR-Literaturgeschichte umzuwenden – Verabschiedungsromans, dass er am Ende die Vorgänge des November 1989 eigentlich gar nicht mehr konkret erzählt, sondern der zuvor ausreichend stimulierten Phantasie der Leser überlässt. Das Buch endet, programmatisch, mit einem Doppelpunkt: Fortsetzung folgt. Tellkamp hat sie bereits angekündigt. Der wahre Rand von „Der Turm“ wird vielleicht erst wirklich erkennbar, wenn die Geschichte weitergeht.
[ Info ] Tellkamp, Uwe: Der Turm.
(original language: deutsch)
Suhrkamp,
Frankfurt/Main, 2008
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ISBN: 9783518420201.