ELIT Authors
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[ Recommandation de Beat Mazenauer ] Tanja Maljartschuks Prosatexte berichten von beschädigten Existenzen in der pampigen Provinz - im Dorf Samagurka beispielsweise oder in der Strasse der Murawjow-Batterie. Die Menschen sind einsam, daran führt kein Weg vorbei, und in dieser Einsamkeit wirken sie gerne etwas verschroben. Bloss merkt man selbst es nicht. "Jeder glaubt, er ist normal, und die Idioten sind die anderen." In diesem Zustand verleiht Maljartschuk ihren Ich-Erzählern und -Erzählerinnen eine Stimme, die wie eine verwackelte Fotografie wirkt. Ihre Figuren reden übers Alleinsein, indem sie es unter einer spröden Lakonie oder mit frechen Sprüchen verbergen. Resignation ist dabei eine vorherrschende Gefühlslage, manchmal aber dringen auch absonderliche Träume herauf, wie in der wunderlichen Auftaktgeschichte "Der Schwanz":
"Ich hätte gern einen Schwanz. Keinen, wie ihn Hexen haben, sondern einen richtigen. Einen richtig echten Schwanz. Wie ihn Pferde haben."
Auch wenn dieser Spleen unerfüllt bleibt, steckt in ihm ein beseeligender Glaube. Denn Wunder geschehen, allerdings nur selten und nur einmal - wer den Moment verpasst, für den kommt die Gelegenheit nicht wieder.
"Neunprozentiger Haushaltsessig" versammelt in drei Zyklen schöne, spleenige, kindliche, lakonische, böse, grausame Geschichten, die zuweilen eine raffinierte, tückische Dialektik entfalten. Mustergültig demonstriert es die Erzählung "Das Muttermal". In einem Selbstgespräch schildert ein Verliebter seine unverbrüchliche Liebe zur Geliebten, doch je länger er sich erklärt, umso mehr offenbart er bloss seine Unfähigkeit zu lieben. Die Zweisamkeit des Paares verfliegt in dem Moment, als sie ihm gesteht, sich in einen anderen verliebt zu haben. Nur flüchtig, mehr geschieht gar nicht. Die beiden bleiben zusammen. Bloss er kriegt sich nicht mehr ein, wie ein Phantom ist dieser Fremde in ihn hinein gekrochen. "Denn es geht ja nicht um ihn, sondern um sie. Darum, dass sie sich in einen anderen verlieben konnte", versichert er, während es nur um ihn selbst geht. "Die Menschen sind grosse Egoisten, und es ist schrecklich, einen grösseren Egoisten zu lieben, als man selbst ist." Vor allem, wenn dieser grössere Egoist in einem selbst steckt.
[ Citation préférée ] Ich kenne Leute, die mögen nur drei Dinge. Sich selbst, essen und schlafen zum Beispiel. Oder sich selbst, reisen und sich selbst. Oder sich selbst, Friedhöfe und alte Kirchen. Also ich keinnen einen Typen, Damian, und der hat sogar zugegeben, dass er nichts mag außer Friedhöfen, Kirchen und sich selbst. Vielleicht ist das so eine Art Selbstbetrug, vielleicht stimmt es auch nicht. Aber ich mag auch nur drei Dinge.
Rauchen, Nägel kauen und ...
[...]
Sie denken, ich bin nicht normal, ja, wahrscheinlich, aber halt! Wer ist denn überhaupt normal?
(aus der Erzählung "Drei Dinge)
[ Info ] Maljartschuk, Tanja: Neunprozentiger Haushaltessig.
(original language: Deutsch)
Residenz Verlag,
St. Pölten / Salzburg, 2009
(2007).
Traduit de Ukrainisch par Claudia Dathe
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Genre: Prose narrative
Mots-clés: Alltag, Einsamkeit, Kindheit, Sonderlinge, Ukraine, Aberglauben
Style: witzig, frech, lakonisch, schräg, warmherzig
Langues (recommandation de livre): Anglais, Allemand