ELIT Authors
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[ Recommandation de Europäische Literaturtage ] Ein Atlas ist ein Atlas. Was aber ist ein Sandatlas? So der Titel eines neuen Gedichtbandes von Mila Haugová, 2001 bei der „Edition Korrespondenzen“ in Wien erschienen. Was also ist ein Sandatlas? Ein Band von 176 Seiten mit Gedichten von Mila Haugová aus Bratislava. Zweisprachig, reizvoll auch für den, der des Slowakischen nicht mächtig ist, lässt das Original doch etwas von der Farbigkeit spüren. Der Rezensent begibt sich auf fremdes Terrain, sucht Orientierung auf dem Atlas von Bildern, die ihm durch die Hände rieseln wie Sand, wenn er unaufmerksam wird. Ein Seelenatlas, keine trockene Wortwüste, breitet sich aus und muss langsam, vorsichtig erkundet werden.
Das Unbewegte, Bewegungslose als der Urgrund des Menschen und die grundsätzliche Ungenauigkeit der Grenzen, um diesen Kern, so scheint es, kreisen die Gedichte der Haugová. Es sind die Wegmarken, die fast verschütteten, wieder zu entdecken, die eine noch unsichere Richtung vorgeben. Dazu intertextuelle Bezüge zu Bachmann, Celan, Trakl und anderen. Und immer wieder das Wort, das sich spannt vom Belebten zum Unbelebten. Das Verb ist die Stärke der Sprache.
Das Nicht-Eindeutige findet sich leitmotivisch in vielen Gedichten. Im Sphinx, gewordenem Stein, vom Künstler geformt auf Zeit, längst verfallend zu rötlichem Sand, in Sphinx gehen die Bilder in eins: Das Mythologische, verwitterte, die Wörter, die Sätze, die einstürzen, die unsicheren Spuren, der Irrgarten, die vorläufige Formlosigkeit des verwehten Sandes.
Halb verwitterte Sphinx
im rötlichen Sand
Die Mauern der Sätze stürzen ein
Spuren anonym in mir
Irrgarten der Geraden
Der Sandatlas ist ein Werk, das sich erst nach und nach erschließt. Wer nur schnell mit dem Finger über die Karte fährt, wird scheitern. Dieser „Atlas“ ist kein Wegweiser für einen, der sicher ankommen will. Einmal mehr zeigt sich auch bei Mila Haugová, dass der Weg das Ziel ist, weil das Ziel eine bloße Vermutung. (Rainer Wedler)
[ Citation préférée ] Sebastiana hier in der Schlinge des Wortes
beobachtend beobachtet inneres steinernes Tor
)schweres Aufbrechen des Wortleibs( das Atmen der Innereien
Lumineszenz der Vokale jeden Nachmittag
sich niederlegen mit ihm und nichts wissen von ihm
fast vollkommene Botschaft
wie die Trauer um einen Ort
den wir verlassen wo wir nicht liebten
Flügel ausgespannt ausgebrannt
Wasserabgrund
Wasserhaus
Un-ver-decktheit
[ Info ] Haugová, Mila: Sandatlas.
Zweisprachig. (original language: Deutsch) Aus dem Slowakakischen von Angela Repka.
Edition Korrespondenzen,
Wien, 2001
.
ISBN: 3-902113-03-0.