All guests of the European Literature Days from 2009 to 2014.

[ Recommandation de Beat Mazenauer ] David van Reybroucks „Kongo“ ist ein Buch mit einem Janusgesicht. Im deutschen Untertitel heisst es „Eine Geschichte“, was sowohl Erzählung wie Geschichtsschreibung bedeuten kann. Es umfasst 783 Seiten, davon entfallen 120 Seiten auf Quellenhinweise, Anmerkungen und Indices.
Diesem äusseren Eindruck entspricht die erzählerische Form.
Er nähert sich der komplexen, chaotischen und von Zufällen gezeichneten Geschichte des Landes am gleichnamigen Fluss Kongo als Reporter und Rechercheur. David van Reybroeck hat sich intensiv in seine Geschichte eingelesen, er hat das Land viele Male bereist und unzählige Gespräche geführt, wovon diese umfangreiche Darstellung Zeugnis gibt. Van Reybrouck erzählt diese Geschichte chronologisch und akribisch nach. Er nimmt uns mit auf eine Reise, die ihm selbst – wie er später nebenbei bemerkt – zuweilen vorkommt, „als würde ich noch einmal 'Herz der Finsternis' lesen und in eine düstere, dunkelgrüne Welt voller dumpfer Gewalt eintauchen“. Der Kongo ist ein Land voll unglaublicher Vitalität und Vielfalt an traditionellen Kulturen, zugleich ist es bis heute ein Tummelfeld für Sadisten und Rassisten war, fremden ebenso wie einheimischen.

Formal versucht er zwei Perspektiven miteinander aufs Engste zu verknüpfen. Er resümiert aus historischen Quellen die Geschichte Kongos, um sie mit subjektiven Erinnerungen von zuvorkommenden Gewährsleuten und dubiosen Gesprächspartnern zu vertiefen. Gerade deshalb erzeugt sein Buch einen erzählerischen Sog, dem sich die Leser kaum entziehen können. Er zieht die Leser mit hinein in diesen Moloch, der Kongo heisst und aus unzähligen Facetten besteht, die bisher noch kein Werk umfassend zu beschreiben und erklären vermocht hat.

[ Citation préférée ] „Ich habe keinen Überblick, niemand hat einen Überblick.“

[ Info ] van Reybrouck, David: Kongo. Eine Geschichte. (original language: Deutsch) Suhrkamp, Berlin, 2012 . ISBN: 9783518423073.