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[ המלצה מאת Kirstin Breitenfellner ] „Europa, das als die alte Welt gilt, ist und bleibt in Wirklichkeit der jüngste aller Kontinente. Es entwickelt sich noch.“ So sinniert, so hofft der ukrainische Autor Juri Andruchowytsch. Auch wenn Europa, repräsentiert durch die Europäische Union, uns, die Ukrainer, nicht dabei haben will, so der Tenor auch seines neuen Essaybandes: Wir SIND Europa, genauer genommen Ostmitteleuropa. Und wir haben unsere Tauglichkeit für die Demokratie mehr als bewiesen mit der friedlich verlaufenen orange Revolution im Jahr 2004. Drei Jahre später fühlt Andruchowytsch sich verraten und verkauft.
Auch wenn der locker bedruckt 200 Seiten umfassende Band anfangs nicht so richtig in die Gänge kommen will: Dem leidenschaftlichen Plädoyer für einen EU-Beitritt der Ukraine zollt man immer mehr Respekt, schließlich ist der von Andruchowytsch namhaft gemachte Hauptgrund für deren Ausschluss nicht gerade rühmlich und noch dazu vermutlich wahr: der Kniefall vor den „Interessen“ Russlands, der auch das eigene Interesse beinhaltet, zwischen sich und dem nächsten „Imperium“ eine Pufferzone zu behalten. Die solcherart nivellierte Ukraine, „eine Mischung aus Sisyphos und Sacher-Masoch“, beklagt Andruchowytsch, sei nach der gelungenen, aber letztendlich wirkungslos gebliebenen Revolution gezwungen, wieder ganz von vorne zu beginnen.
Die Ukraine - gibt es die überhaupt? In Madonnas Videoclip „American Life“ zumindest taucht die ukrainische Flagge auf und gibt dem Autor damit zu denken über seinen entgegen allen Vermutungen dennoch vorhandenen Patriotismus; über seine Russophobie, die nicht nur aus Sowjetzeiten resultiert, sondern auch den Versuch darstellt, die eigene Identität zu wahren. Texte über den immer kürzer werdenden Zug 76, der einst die Ostsee mit dem Schwarzen Meer verband, über seine Liebe zu Polen, über Landkarten und Flüsse, den „Flirt mit dem Kosmos“ in den 60er und 70er Jahren, über die damals „intakte“ Warenwelt und über ukrainische Autoren wie Ihor Kalynez oder Lina Kostenko vervollständigen die Weltsicht des Autors, der allerdings als Romancier weitaus mehr Überzeugungskraft, Authentizität, Vielschichtigkeit und Brillanz besitzt denn als Theoretiker. Erinnert sei etwa an seinen Roman „Zwölf Ringe“ (dt. 2005), der an einem imaginären Ort in den Karpaten spielt und nicht nur grotesk-komische, phantastische und zynische Qualitäten besitzt, sondern auch die leisen Töne beherrscht, eine Liebeserklärung an die Ukraine, ihre Sprache und ihre Tragödien.
[ מידע על ספרים ] Andruchowytsch, Juri: Engel und Dämonen der Peripherie.
Suhrkamp,
Frankfurt / M., 2007
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ISBN: 3518125133.