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[ a könyvtippet írta Literatur Schweiz ] Melk ist - wie wir aus dem Roman «Quatemberkinder» wissen - ein Quatemberkind, dem das Zaubern aber nicht recht gelingen will, weil es so „usinnig verstuunet“ ist. Seine Freundin Vreneli aber hält eine schützende Hand über ihn.
Mit «Vrenelis Gärtli» knüpft Tim Krohn an sein Buch «Quatemberkinder» an, worin Melk lange nicht begreifen wollte, dass das Vreneli ihn gern mochte. In diesem Buch aber erzählt Tim Krohn die Geschichte aus Vrenelis Perspektive. Im Unterschied zum stillen Melk ist dieses ein rechter Wildfang, das sich jeder sozialen Kontrolle entzieht. In Vrenelis Familie herrscht seit je die sonderbare Ordnung, dass die Männer für die Kinder sorgen, während es die Frauen in die Welt hinauszieht. Die Frauen verbindet ein geheimnisvolles Band mit der Schöpfung. Diese Welt voll Magie und mythischer Innigkeit neigt sich aber dem Ende zu. In dem Moment, wo Melk und Vreneli endlich zusammen finden, obsiegt der von Melk verkörperte Logos über den Mythos und und Vreneli „zöpflet“ still sein Leben zu Ende.
Krohn geht mit „Vrenlis Gärtli“ einen Schritt über „Quatemberkinder“ hinaus und stellt seine Geschichte in den kulturhistorischen Kontext. Das «Gnuusch», will heissen das Wirrwarr mit den Identitäten und Rollen, welches Vreneli wunderbar verkörpert und selbst den Herrgott in seinem Himmelreich beschleicht, wird in die rationale Ordnung der Moderne überführt. Wieder verblüfft Tim Krohn mit seinem unnachahmlichen Mix aus deutscher Hochsprache und dem alpenländischen Dialekt des Kantons Glarus. Geschmeidig formt er die beiden Idiome zu einem zauberhaften Erzählstrom, worin es «wäffelet» und «vergüegelet», dass es eine Freude ist. So spiegelt sich in der Sprache selbst der Grundkonflikt zwischen Mythos und Moderne. Wunderbar ist dabei, wie Krohns feine Wortwahl auch subtilste Zwischentönen sicher trifft und so nicht selten wundersam komische Wirkungen erzielt.
(Beat Mazenauer)
Langfassung der Rezension auf viceversaliteratur.ch.
[ Kedvenc idézet ] «All säb war nümmen, und an gewissen Tagen war der Vriinä darum auch zumut, als lebte sie in einer ebigen Leere gefangen, und das Herz pöpperlete ihr so gesprengt als wie einem verschreckten Vögeli, und allpott konnte sie nur an ihr Müetti denken, wie es auf Fessis immer gschpässiger geworden war und ums Verroden fenderen wollte und Tag und Nacht nur nach der Weite planget hatte und endlich ab und ihremengen, schweren Mäntsch entschloffen war auf ebig.»
[ infó ] Krohn, Tim : Vrenelis Gärtli.
Eichborn Verlag,
Frankfurt, 2007
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ISBN: 978-3-257-23962-1.