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Winfried Gindl: Politische T-Shirts.

Textiltheater. Partitur.
Klagenfurt: gindl art productions mexico city, 1999.
32 S., brosch.; öS 70.-.
(keine ISBN).

Link zur Leseprobe

Winfried Gindl interessieren bei seinen Projekten immer die Grenzen der Literatur. "In der Mitte der Literatur kann jeder herumpfuschen, das ist keine Kunst, "meint er in einem Interview, "aber am Rand der Literatur, da wird es interessant." Eines der aufsehenerregendsten Literatur-Projekte Gindls fand unter ärztlicher Aufsicht statt: "Winfried Gindl ißt unter ärztlicher Aufsicht ein Wurstbrot." Wie bei einem Projekt üblich, gibt es zu dieser Aktion Aufzeichnungen, die den Vorgang literarisch dokumentieren.

Das Projekt "Politische T-Shirts / Textiltheater" führt zwei "Trivial-Materialien" und "Trivial-Semantiken" zu einem Literaturprodukt zusammen.
Zitate von Politikern, die in ihrer Aussagekraft zwischen Gemeingut und gemeingefährlich oszillieren, werden an der Grenze zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre zur Schau gestellt. An dieser Grenze sitzt bekanntlich das T-Shirt, das zwar dem Träger persönlich gehört, dessen Aufdruck aber in den öffentlichen Raum öffentliche Botschaften hinein sendet. Dokumentiert wird das Projekt mit einem Katalog, der sich einerseits als Partitur lesen läßt, mit dem der Leser aber zum Aktivisten mutieren kann, indem er sich den persönlich unsäglichsten Spruch eines Politikers auf ein auf den Leib geschnittenes T-Shirt drucken läßt.

Die angebotenen Zitate sind wahrlich ein Feuerwerk von hellen Aussagen:
"Ich gelobe." - Diesen Spruch müssen alle Abgeordneten über ihre Lippen pressen, ehe sie ihr offizielles Treiben beginnen können.
Von Sonja Ablinger, SPÖ, bis Johannes Zweytick, ÖVP, gibt es 315 Möglichkeiten, sinnlose Sätze mit neuem Sinn durch die Gegend zu tragen.
In der Praxis heißt das Zitat von Ablinger: "WOLLTE MAN DIE ABTREIBUNG WIEDER VERBIETEN, WÜRDEN FRAUEN EBEN NOTFALLS VOM DACH SPRINGEN ODER ILLEGAL ABTREIBEN - ABER ÄNDERN WÜRDE SICH NICHTS."
Und Zweyticks goldener Ausspruch lautet: "DIE MUTATION BESTIMMTER PARLAMENTARIER VON BETON- ZU MOSTSCHÄDELN IST BEÄNGSTIGEND."

Wenn Literatur aufklären, unterhalten, Sinn stiften, bilden und Identität schaffen soll, so werden diese Ziele durch Gindls Textiltheater vollkommen erreicht. Außerdem mutieren die Zitate zu Zellen großer Ironie, wenn sie aus dem Spannungsverhältnis der üblichen politischen Verhältnisse genommen werden. Die meisten Sätze entwickeln erst durch das Weglassen des politischen Sinns erstmals überhaupt einen Sinn. Medienanalyse, Sprachkritik und Kontrolle der Aussagekraft von öffentlichen Sätzen sind weitere Zutaten, die das Literatur-Projekt begleiten.
Schließlich leitet Wilfried Gindl die Menschen zu demokratischem Verhalten an. Indem der Satzträger mit einem völlig aus der Bahn geworfenen Satz eines Volksvertreters umhergeht, kann sich der Normalbürger für gewisse Zeit in die Psyche eines Mandatars versetzen. Das Textiltheater wird dadurch zu einem Heilmittel gegen schroffe Botschaften des Nonsens.

Helmuth Schönauer
2. September 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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