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Günter Wels: Edelweiß.

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Rezension

Leseprobe:

Hinter Hörsching kam ihnen eine Panzerkolonne entgegen, fünfzehn, zwanzig Jagdpanther mit dreckverschmierten Chassis. Der SS-Mann steuerte den Wagen an den Straßenrand, um die Kolonne passieren zu lassen. "Hast' den Rabatz in Attnang also aus nächster Nähe miterlebt?", sagte er, während die Panzer mit ihren zerbeulten Flanken an ihnen vorbeirumpelten.
"Jawohl, Herr Scharführer."
"Und?"
"Was soll ich sagen? Es war – nicht schön." Der SS-Mann setzte den Wagen wieder in Bewegung, und während sie weiter in Richtung Linz fuhren, erzählte Mahr von seinen Erlebnissen in Attnang, von den fünf, sechs Angriffswellen, die am Vortag über den Ort hinweggegangen waren, er erzählte von den Rettungsarbeiten im "Gasthaus Dallinger" – und von den Toten, die sie geborgen hatten.
Der SS-Mann zog über die alliierten Luftgangster her, die es darauf anlegten, das deutsche Volk mit Terrorangriffen mürbe zu machen. Aber der Ami würde sich am Kampfeswillen Großdeutschlands die Zähne ausbeißen, so viel sei gewiss, denn das deutsche Volk würde niemals, unter keinen Umständen, vor dem Vernichtungswillen der Amerikaner kapitulieren.
Daran habe er nicht den geringsten Zweifel, sagte Mahr. Er warf einen Blick aus dem Seitenfenster. Sie befanden sich in einer Art Niemandsland zwischen Land und Stadt, er glaubte, am Horizont bereits die ersten Ausläufer der Gauhauptstadt Linz auszumachen. In einiger Entfernung duckten sich mehrere Bauernhäuser unter eine Gruppe hoher, weißer Bäume. Der SSler trat aufs Gas und überholte einen Steyr 50er, dann schaltete er in die Dritte zurück. "Und bevor du nach Attnang gekommen bist, da warst du im Lazarett, sagst du?"
"Jawohl, Herr Scharführer."
"Wo?"
"In Bad Aibling."
"Bad Aibling", sagte der SS-Mann. "Bad Aibling bei Rosenheim. Kenn ich. Ich hab dort mal ein paar Tage verbracht, im Frühjahr '40, bevor's an der Maginot-Linie so richtig losgegangen ist. Was macht das alte ›Kurhotel Wittelsbach‹?"
"Keine Ahnung", sagte Mahr. "Ich bin aus dem Lazarett nie rausgekommen."
"Haben fabelhaft gekocht im alten Kurhotel. Eins A Tellerfleisch. Nie dort gegessen?"
"Nein", sagte Mahr. "Ich wünschte, ich hätte. Der Fraß im Lazarett war nicht hinunterzukriegen."
Abseits der Straße wurde ein Wirtshaus sichtbar, daneben ein halb verfallener Schuppen. Mahr glaubte eine atmosphärische Veränderung im Wagen wahrzunehmen: Die Stimmung hatte einen deutlichen Zug ins Frostige bekommen. Der SS-Mann sah mit steinernem Ernst geradeaus, das Spiel seiner Kiefermuskeln ließ auf eine gewisse Anspannung schließen. Mahr tat, als merkte er nichts davon: In kameradschaftlichem Tonfall begann er von der Lungenentzündung zu erzählen, die ihn ins Frontlazarett und dann ins Hinterland nach Bad Aibling gebracht hatte, von den schmerzhaften Hustenkrämpfen und den Fieberschüben, die ihn wochenlang geplagt hatten. Während er sich in bestimmte Einzelheiten seiner Erzählung hineinsteigerte, hatte er für einige Augenblicke das Gefühl, selbst daran zu glauben. Er redete und redete und schaute angestrengt geradeaus durch die Frontscheibe: Am Himmel, in einiger Entfernung, glaubte er eine Reihe silbergrauer Pünktchen zu erkennen. Nach und nach wurden die Pünktchen größer. Mahr spürte, wie sich sein Puls beschleunigte. "Sind das Tiefflieger?", fragte er.

"Wo?" Der SS-Mann beugte sich vor und kniff die Augen zusammen. "Verdammt!"

(S. 309-311)

© 2018 Czernin Verlag, Wien

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