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Leseprobe: Christoph Braendle - "Liebe, Freud und schöner Tod."

Sie interessieren sich also für Wien? Kommen Sie, kommen Sie mit uns, wir möchten Ihnen manches zeigen, lassen Sie uns gleich die Himmelstraße hochsteigen, vorbei an Villen verschiedenster Epochen und unterschiedlichsten Geschmacks, bis wir in Weingärten stoßen, die sich links und rechts an Hänge schmiegen, und schon auf der sanften Wiese sind am allerletzten Alpenrand, welche uns, ringsgesäumt von Linden wohl und Buchen, ein hervorragendes Observatorium werden wird. Schauen Sie sich um, schauen Sie hinauf zu den anderen Aussichtspunkten und dann hinab auf eine Stadt im rosa Licht des frühen Frühlingsmorgens. Zart färbt ein weiter Himmel das große Donaubecken, klar ist die Sicht, daß sie bis nach Bratislava reichen möcht' und halben Wegs nach Prag.
[...] Sie werden hören, was es mit der Zwölftonmusik auf sich hat und was Schubert von Beethoven hielt; Sie werden erfahren, wo man das beste Gulasch ißt und was ein Tafelspitz können muß; und Sie werden schmunzeln und lächeln und manchmal auch lachen, aber Sie werden bald begriffen haben, daß auch eine Stadt ein Gerippe hat und wieso die Reise in Moll begann. (S. 9ff.)

Vor allem muß ich vom Mädchenmörder Hugo Schenk erzählen, dessen Taten Legende sind. Seine Spezialität waren Dienstmädchen. Es war die Zeit, als in den Vorstädten die Armut mit den Ratten kämpfte, als die Mutzenbacher im Prater ihren Arsch verkaufte, und als der Weißwein noch sauer war und der Rote nach Lebertran schmeckte. Die Dienstmädchen kamen mit einem Pappendeckelkoffer und mit blauer Naivität in die große Stadt, um meist sofort in elende Verhältnisse zu gelangen und doch nur vom rauschenden Leben zu träumen, vom Hof zum Beispiel oder von einem Deutschmeister, der sie dorthin entführe.
Hugo Schenk war der Kopf der Bande, Karl Schlossarik der Praktiker und Karl Schenk, der Bruder, ein nützlicher Idiot. Per Annoncen suchte die Bande Hauspersonal. Sie sortierten die Bewerbungen und bestellten jene Damen, die ihnen geeignet schienen, einzeln zu Treffen. Karl Schlossarik gab den Diener eines vermögenden Ingenieurs. Man benötige eine Köchin, schwadronierte er, sie hätte allerdings unabhängig zu sein, man müsse nämlich in Kürze aufbrechen, der Herr Rat leite eine Baustelle der Transsibirischen Eisenbahn. Was waren die Mädchen sprachlos! Die Transsib!! Ein Herr Inginör!!!
Welch' ehrenvolle Gelegenheit, wieviel Hauch von großer Welt. Auftrat Hugo Schenk höchst selbst. Mit Manieren und Blumen verdrehte der Herr Rat den Mädchen vollends den Kopf. Zum Schluß lud man das dumme Mensch auf eine Landpartie, in den Wiener Wald. Dort ward sie verführt, beraubt und umgebracht.
Vierzig Dienstmädchen sind während der Wirkungszeit der Schenkbande abgängig gemeldet, die Verbrechen erregten ganz Wien. Die Bande wurde schließlich erwischt. Etwa hundert Personen wohnten Hugo Schenks Hinrichtung bei, am 22. April 1884. Die Öffentlichkeit war seit zehn Jahren von diesen Schauspielen ausgeschlossen, der äußert populäre Scharfrichter im Justizministerium ein Beamter der Lohnklasse C.
Als Hugo Schenk unter den Galgen trat, lächelte er. Dann verbeugte er sich vor den Richtern und sagte zum Priester: "Ich habe den Tod verdient. Bitte grüßen Sie meine Frau." Drei Minuten später war er dahin. (S. 126f.)

(c) 1998, Picus, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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