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Marlen Schachinger: denn ihre Werke folgen ihnen nach.

Roman

Salzburg: Otto Müller Verlag, 2013.
272 S., geb.
ISBN: 978-3-7013-1204-7
Euro 20,00

Leseprobe
Autorin
Werke

denn ihre Werke folgen ihnen nach, steht im 13. Vers des 14. Kapitels der Johannes-Offenbarung. Anspielungsreich ist nicht nur die Titelwahl von Marlen Schachingers neuem Roman. Das Bibel-Zitat meint einerseits, dass die Taten der Verstorbenen nachwirken, und andererseits, dass jeder Mensch für sein Handeln zur Verantwortung gezogen wird. Beide Motive durchziehen diesen fein konstruierten Roman. Es ist - um auf einen anderen wesentlichen intertextuellen Bezug in Schachingers Prosa anzuspielen - eine Geschichte auf der Suche nach der verlorenen Unschuld.

Im Zentrum steht die Beziehung des arrivierten Autors Mario C. Kamov, dessen Karrierestart als Bestsellerautor auf ein Plagiat zurückzuführen ist, mit dem begabten Jung-Autor Luca Hofer, dem Sohn jener Frau, deren Manuskript gestohlen wurde.
Doch sie erfuhr seinerzeit nie von dem Diebstahl, denn dieser ereignete sich im Verlag D. Die Cheflektorin schwächte damals das Drama ab: "Sachschaden an einem Schrank, den ein übereifriger Praktikant mit einem Schloss gesichert habe, obgleich darin bloß unverlangt eingesandte Manuskripte darauf warteten, dass man endlich ausreichend Geld für einen Schredder haben würde" (S. 17).
Die Beamten gingen davon aus, dass nichts gelesen wurde. Doch sie irrten. Denn Kamov las nicht nur, er schrieb vielmehr einige dieser entwendeten Manuskripte um, wurde zu einem von der Masse geliebten Unterhaltungsschriftsteller und vom Feuilleton geächtet.

Deshalb nimmt er einen Auftrag als Poetik-Dozent an, um sein Ansehen zu heben. Unter seinen Studenten befindet sich Luca Hofer. Kamov erkennt allmählich die Gefahr, enttarnt und auch entthront zu werden, und nützt die Gelegenheit, Hofer zu kontrollieren, indem er sein Mentor in einem speziellen Programm der Begabtenförderung wird. Zudem beginnt er eine Affäre mit Juliana Hofer, Lucas Mutter, die er somit ein zweites Mal zum Opfer macht: Sie verliebt sich in ihn, er sucht jedoch nur eine Möglichkeit seine kriminelle Vergangenheit auszulöschen. Luca Hofer ist ein Wonderboy, talentiert, introvertiert und verwegen, "entfant terrible" geradezu ein Euphemismus für sein Wesen und ganz dem Sturm-und-Drang hingegeben.
"Ein Meisterwerk und danach abtreten", das ist das Programm, das Hofer verkündet. Zwischen dem etablierten Kamov und dem um literarischen Ruhm kämpfenden Jungautor entwickelt sich ein ambivalenter Kampf zwischen Anziehung und Ablehnung auf allen Ebenen: intellektuell, emotional und sexuell. Wie dieser Kampf ausgeht sei nicht verraten.

Schachinger gestaltet einen Roman über einen parasitären Über-Vater-(Über)-Sohn-Konflikt, der zudem die Abgründe des Literaturbetriebs veranschaulicht. Im Stile von "Big Brother" gerät Luca Hofer gar in eine Casting-Show namens Next Bestseller, in welcher den KandidatInnen der Quote wegen abstruse Handlungen und Selbstverleugnung auferlegt werden. Das Spiel mit Empfehlungen und Cliquen der Literaturbranche wird gezeigt und ist jedem nur allzu vertraut, der den Vorhang bloß ein wenig anhebt. Dabei geht es beim Schreiben doch stets um die Liebe oder vielmehr die nicht vorhandene!

Der spannend aufgebaute Roman arbeitet mit dem Wechselspiel von Fiktion und Wirklichkeit. "Das Leben in einer Lüge bringt dir Geschichten, aber es erstickt dich auch", heißt es auf Seite 262. So werden alle Beteiligten zu Opfern ihrer eigenen Lügen oder vielmehr Fixierungen, von denen sie nicht lassen können. Die Erzählperspektive changiert zwischen Ich-Erzähler und personalem Erzähler und schafft eine aufschlussreiche Multiperspektivität. Auch wenn sich einige unnötige Floskeln im Text finden, die den saloppen Erzählton schwächen, ist Schachingers Stil von einer gerade für diese Geschichte dienlichen Schnörkellosigkeit und Eindringlichkeit, mit ein paar weiteren geistreichen literaturhistorischen Bezügen und ironischen Einsprengseln.

Alexander Peer
13. Mai 2013

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.






























































































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