cap. r)
die windlose landschaft und ihre prinzipien
den windmühlen gegenüber
die windlose landschaft muß als abstraktion bezeichnet werden; als minimalanspruch jeder landschaft gilt: jede landschaft ist potentiellerweise eine windlandschaft; hiermit ist allerdings noch nicht unbedingt gemeint, daß jede landschaft vielleicht von konstanten winden heimgesucht wird. sondern dies: winde kommen überall vor; also auch in jeder landschaft.
zurück zur abstraktion: eine betrachtung über die windlose landschaft ist deshalb möglich, weil auch landschaften dem zeitfaktor unterworfen sind, was heißen will: jede landschaft, die also eine potentielle windlandschaft ist, ist ebenso potentiell und tatsächlich eine windlose landschaft, sofern nur ein punktueller zeitpunkt, eben die zeit der windlosigkeit, dem betrachter vor augen steht. (1)
da also jede landschaft potentiell eine windlandschaft und ebenso eine windlose landschaft ist, müssen diejenigen landschaften hier behandelt werden, deren spezifikum nicht die konstant auftretenden winde sind, sondern nur solche, die von der windlosigkeit geprägt sind; das kriterium für solche landschaften ist also nicht die punktuelle windabsenz (das gilt für jede landschaft), sondern diejenige windlosigkeit, die imstande ist, eine landschaft derart zu prägen, daß sie als ausdruck der windlosigkeit steht: also die prägung einer landschaft. (2) hier soll auch nicht besprochen
(1) auch konstante winde sind nur feststellbar durch ihr wiederholtes auftreten (anblasen), welche wiederholung nur durch die windpause ermöglicht wird, also die kurze windlose zeit.
(2) nicht erörtert kann hier die windlosigkeit windgeprägter landschaften werden. (S. 71)
werden, wie sich diese landschaft zur solchermaßen windgeprägten landschaft verhält, die zum windmühlenbau geführt hat, sondern allein und einzig ihr verhältnis zu den windmühlen.
das verhältnis zu den windmühlen wird vom verhältnis zum wind bestimmt. seit dem homo-mensura-satz ist das verhältnis von mensch und natur das von erkenntnis und möglichkeit der ausbeutung. also sind die windlosen landschaften leicht daran zu erkennen, daß in ihnen keine windkraftwerke installiert sind; daß sich die architektur in ihren formen nicht um die gewalten des windes hat kümmern müssen; daß die erdoberflächenbeschaffenheit nicht auf eine bestimmte windrichtung hindeutet; daß die fährten des waldwildes zügellos und unvorherbestimmbar kreuz und quer durch die landschaft führen; daß die landschaft richtungslos ist; mit ihren menschen.
wenn hier allerdings die betrachtung absieht von vergleichen mit windgeprägten landschaften, die windmühlen hervorgebracht haben, und sich nur auf die stellung zu den windmühlen selbst beschränkt (warum hat der autor diese vergleiche nicht angestellt?), so muß zu dieser stoffauswahl bemerkt werden, daß sie keineswegs als adäquat zu bezeichnen ist, im gegenteil, als inadäquat; die prinzipien der windlosen landschaften gegenüber den bloßen windmühlen lauten: ablehnung, verneinung, unverständnis, schwarze wand, negation (3), extraexistenz.
(3) dieses fremdwort muß in diesem zusammenhang als unnütz bezeichnet werden, ohne damit ein verfechter des purismus sein zu wollen. (S. 72)
(c) 1997, Droschl, Wien, Graz.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
|