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Das Eis in ihrem Becher begann zu schmelzen. Die Waffel krachte, als sie mit ihren blendend weißen Zähnen hineinbiss. Jede ihrer Bewegungen wirkte vorsätzlich, als schaute sie sich selbst dabei zu. Franziskas Eltern lebten seit Generationen vom Getreideanbau und besaßen ausgedehnte Ländereien. Ihre Schwester Edda studierte Landwirtschaft und würde später den Betrieb mit Erfolg weiterführen. Franziska lernte Klavier. Allerdings wusste sie ganz genau, dass sie trotz ihres technischen Könnens und ihrer Disziplin keine große Pianistin werden würde. "Wann beginnt das Konzert?", fragte sie. Sie hatte das Eis aufgegessen. Karl sah auf die Uhr: "In einer halben Stunde." "Gut, dann gehen wir zusammen", sagte Franziska unbedarft, sicher und selbstverständlich. "Ja, natürlich, warum nicht", stimmte Karl halbherzig zu und presste seinen Rücken gegen die Stuhllehne.
Er widerstand dem Drang aufzuspringen und sich davonzumachen. Überall würde sie ihn aufspüren, selbst bis in den hintersten Winkel verfolgen. Aber sie brauchte ihn nicht einmal zurückzuholen, er käme ohnehin von selber wieder. Franziska stand auf. "Ich möchte mich noch ein bisschen frisch machen. Treffen wir uns in zehn Minuten in der Halle beim Springbrunnen?" "Ja, sicher ... ich wollte ohnehin auch noch ...", stotterte Karl immer leiser werdend und schaute ihr nach. Sie entfernte sich mit schnellen kleinen Schritten, glitt mit ihren flachen Sandalen über den Boden und das changierende Türkis ihres Kleid [sic!] wandelte sich in den tiefen Falten des schwingenden Rockes in dunkles Blau.
S. 72f.
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