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Leseprobe: Irmgard Barta - "Engel morden einsam."

Leseprobe (S. 119f.)

Dass dem nicht kalt ist?, dachte sie. Auf der anderen Seite wartete ein grobschlächtiger Mann in einem kurzärmeligen, khakifarbenen Hemd, das zur Hälfte aufgeknöpft war und den muskulösen Oberkörper zeigte. An seinem Handgelenk protzte eine schwere, goldene Uhr. Obwohl sich die Sonne ganz verzogen hatte, trug er eine Sonnenbrille.
Sie marschierte nach rechts; irgendwo in der Nähe war ihr am Vortag ein kleines Geschäft mit mundgeblasenen Gläsern, gestickten Polsterbezügen und anderen handgemachten Dekorationsgegenständen aufgefallen. In der Fussgängerzone herrschte reges Treiben. Es duftete nach Käse, Tomaten und würziger Wurst. Vor einem der typischen Gassenverkaufsfenster stellten sich eine Menge Leute für ein warmes Stück Pizza an. Sie hielt inne und bewunderte die herrschaftlichen Altbauten, kunstvoll geschmiedeten Laternen und antiken Handwerksschilder, die auf kleine, alte Läden aufmerksam machten. An vielen Ecken und Enden unterbrachen Baustellen die Idylle. Sägen kreischten schrill, Presslufthämmer stemmten sich mit ohrenbetäubendem, metallischem Hämmern in den Boden, Maschinen dröhnten laut und mächtige grüne Netze verhüllten alte Häuser. Brünn im Aufbruch.
Der eisige Wind zog durch ihre Bluse. Mit dem Kälteschauer kam die Gänsehaut, und mit der Gänsehaut tauchte eine Erinnerung an den Albtraum der letzten Nacht auf. Katrin spürte ein mulmiges Kribbeln im Bauch, eine beklemmende Vorahnung; es war dasselbe Gefühl wie am Vortag in den Katakomben. Unaufhaltsam kletterte es Wirbel für Wirbel nach oben und schnürte ihr den Hals zu. Sie musste schwer schlucken.
Blödsinn, schimpfte sie mit sich selbst und schaute auf die Uhr. Zwei vor elf. Die Nachricht kam ihr in den Sinn. Von der St. Jakob Kirche war sie weit entfernt, oder? Katrin stellte den Sack zwischen ihre Beine, holte den Reiseführer aus der Handtasche und studierte die Karte. Wie in einem Boot auf dem Meer hatte sie sich durch die Strassen und Gassen treiben lassen, ohne darauf zu achten, wo sie sich befand. Sie suchte mit dem Finger nach dem Strassennamen, der auf dem Türschild gegenüber stand und stellte erleichtert fest, dass die Kirche weit weg lag. Sie wollte auf keinen Fall wissen, wer dort wartete. Wieder mischte sie sich unter die Menschen. Das Geschäft mit den Handarbeiten hatte sie noch nicht entdeckt. Im Schaufenster einer Buchhandlung spiegelten sich die Passanten, die eilig ihre Wege erledigten oder spazieren gingen. Katrin konnte ihre innere Unruhe nicht abschütteln, irgendetwas störte sie. Aber was? Das Windspiel klingelte hell und melodisch, als sie den Buchladen betrat. Sie grüsstse, schaute sich um und warf einen beiläufigen Blick nach draussen. - Da!

© 2007 Milena Verlag, Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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