aus der Titelgeschichte
"Wenn sie sich satt gegessen haben, sollen sie den Löffel abgeben." Redewendungen, dachte ich; was sich hier wendete, war nicht Rede sondern Wirklichkeit, wirkliches Leben zu wirklichem Tod. So war es vermutlich immer, wenn Sprache Wirkung zu zeigen schien: Nicht sie selbst wirkte, nicht ihre lächerlichen Normierungen, nicht die Paragraphen, Lehrsätze und Postulate, sondern allein das, was sie beschrieb, wenn sie es denn beschrieb; nicht weniger wirksam war das Ungesagte, Unbeschriebene, Verschwiegene und scherte sich nicht um die Rede. Wie lächerlicher kleiner Rattenkot fielen die Worte auf die Tableaus der Wirklichkeit und verloren sich in ihren Ritzen. Aber die Sprache hatte ihre eigene Intelligenz, die derjenigen der meisten Menschen klar überlegen war. Ein paar kleine Umdeutungen, ein bisschen idiomatisches Verwirrspiel genügten, schon ging ihr fast jeder auf den Leim. Verwirren, nicht wirken, das war auch schon das Einzige, was die Sprache richtig gut konnte. Ich bildete mir nichts darauf ein, manches zu durchschauen: ich war auch nicht mehr als eine Wühlmaus in den Schrebergärten österreichischen Wahrheitssinns. Aber nicht mehr und nicht weniger als mein Leben hing mittlerweile von dieser Existenzform ab.
(S. 143 f)
© 2005, Kitab Verlag, Klagenfurt - Wien.