Notiz
Das Erstaunen im Gesicht der Frau, die es gut mit mir meinte: "Badewannen – kein Thema!" Und schon bin ich allein mit meiner Obsession. Der Schreibtisch ist mit Notizen, Fotografien und Zeitungsausschnitten von Badewannen in all ihrer Formenvielfalt zugedeckt: die Wanne als Whirlpool, als Viehtränke, als Trinkbrunnen, als Taufbecken, als Blumenbehälter, als Sarkophag mit Abflussloch. Wozu diese Öffnung? Die römischen Sarkophage wurden später als Badewannen benützt. Dort, wo Lust ist, ist die Wanne ein Ort erfüllbarer Wünsche. Und doch ist sie auch ein gefährlicher Ort. Sie kostet so manchen das Leben. In Badewannen sind mehr ungeklärte als geklärte Morde passiert. Was für eine Vorstellung, dass in der Wanne der Tod lauert! Lieber verzichte ich aufs Bad. Seitdem das Böse mein Schreiben erweitert und bereichert, ziehe ich duschen vor.
(S. 1)
Aufgewacht in der Badetasse
die blauen Schriftzeichen
auf dem Boden
zeigten mir
wer im Traum
für mich gesprochen hatte
eine Schwalbe
die übers Teewasser flog
ließ Seidenstrümpfe fallen
die Gärtner in den Hecken
pflückten
Rosenblätter
(S. 123)
© 2010 Sonderzahl Verlag, Wien.