Als sie heimkamen, war es lange nach Mitternacht. Sie lief die Treppe hinauf, schaltete den Computer ein. Während die Maschine zu sich kam, fütterte Laura den Kater, kratzte die Reste des eingetrockneten Futters von den Tellern, spülte die Teller und stellte sie wieder zurück. Der Computer hatte lange schon zu piepsen aufgehört und wartete auf weitere Befehle. Sie haben zwei ungelesene Nachrichten.
Der Gedanke an ihren Mann ließ David keine Ruhe. Die Ehe sei für ihn, trotz seiner Scheidung, ein heiliges Sakrament. Er wolle sich nicht zwischen sie und ihren Mann drängen.
Are you back, my dear? stand im zweiten Brief.
Laura legte sich zu ihrem Mann ins Bett. Sie strich langsam über seinen Bauch, der im Liegen ganz flach war. Er rückte sein Kopfkissen näher zu ihr, hob ihren Schenkel langsam und erzählte ihr, daß sei verrückt sei. Als sie etwas antworten wollte, verschloß er ihr den Mund. Sie drehte den Kopf ganz wenig hin und her auf ihrem Kissen, um seine Lippen zu zwingen, sie zu verlassen und wieder zu suchen, so daß sie einander immer wieder zum ersten Mal küßten und sie den Geschmack, den sie mehr liebte als alles auf der Welt, immer wieder zum ersten Mal aufnehmen konnte.
Kein einziges Mal dachte sie den Namen des anderen Mannes.
(S. 64/65)
© 2003, Paul Zsolnay, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
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