Als der Bürgermeister seinen mächtigen Körper hochhievte und dem neben ihm sitzenden zweiten Kassenwart mit dröhnender Stimme empfahl, doch lieber seine blöde Fresse zu halten, da er sie ihm ansonsten höchstpersönlich mit ein paar Hühnerbeinen stopfen werde, blieb dieser relativ gelassen und erwiderte, dass es für den Herrn Bürgermeister vielleicht bitteschön ganz angebracht sei, auf seinem breiten Arsch sitzen zu bleiben, wo schließlich der ganzen Stadt, insbesondere aber der Frau Bürgermeister bekannt sein dürfte, dass ihr Gatte gar nicht mehr in der körperlichen Verfassung war, irgendetwas zu stopfen.
Wütendes Geschrei.
Jemand machte sich, angefeuert von seiner Fraktion, auf den Weg in den Keller, um Nachschub zu besorgen.
Der dürre Sozialist hatte sich mittlerweile am Tischende aufgestellt und fing nun an, mit etwas öligem Timbre ein Kampflied zu singen.
Plötzlich ging alles schnell. Ein erhobener Arm. Eine rasche Bewegung. Etwas Dunkelrotes zischte glitzernd und gluckernd durch die Luft und zerplatzte an der Schläfe des Sozialisten. Eine Sauerei aus Glassplittern, Rotwein und Sozialistenblut. Gegenseitige Beschuldigungen. Halbherzige Beschwichtigungsversuche. Hasserfüllte Anfeindungen. Erste Handgreiflichkeiten.
Unter großem Beifallsgejohle kam der Nachschub. Zwei weitere Kisten Rotwein, vier weitere Schnapsflaschen, zweimal Birne, je einmal Pflaume und Marille.
Der Rest der Sitzung ist Legende, die Liste der daraus resultierenden Folgen lang und aufschlussreich: eine Anzeige wegen Beleidigung, drei Anzeigen wegen Körperverletzung, ein versauter Perserteppich, ein angeknackstes Tischbein, ein angeknackstes Jochbein, vier blutige Nasen, zwölf Krankenstandsmeldungen, eine Scheidung, zwei wechselseitige Parteiübertritte, drei Anträge auf vorgezogene Kommunalwahlen (abgelehnt), ein Antrag auf Aufstockung der Kellervorräte (genehmigt).
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