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Simon Ganahl: Ich gegen Babylon.

Karl Kraus und die Presse im Fin de Siècle.
Wien: Picus Verlag, 2006.
199 S. geb.; Euro 19,90.
ISBN 978-3-85452-496-0.

Ganahls Ansatz ist richtig: Er sieht in Kraus, dem Vertreter einer "kritischen Modernität" (19), primär den Medienkritiker; die Berechtigung dieser Pressekritik ist "allein in den Pressearchiven zu klären", muss "ad fontes führen." (15) In der Tat sollte sich mit Kraus nicht beschäftigen, wer keine Lust hat die zeitgenössischen Zeitungen zu lesen.

Der Weg Ganahls zu den Quellen führt zur Neuen Freien Presse und zur Arbeiter-Zeitung, von denen er jeweils ein repräsentatives sample einer (kaum auf Kraus bezogenen und auch schwer auf ihn beziehbaren) quantitativen Inhaltsanalyse (allein in Hinblick auf die publizistischen Textsorten bzw. die Rubriken) unterzieht und aus denen er Meinungsartikel in Hinblick auf ihren Stil untersucht. Kraus' Pressekritik hat sich entwickelt und was in "Untergang der Welt durch schwarze Magie" (1912) steht, hat wenig mit den Angriffen der frühen Fackel auf die Wiener Zeitungen zu tun. Ganahl bringt die Epochen durcheinander, zitiert vor allem die Gedanken des reifen Kraus über die Presse aus den Jahren vor 1914 – und bietet Anschauungsmaterial aus dem Jänner 1900 aus der Welt des ganz jungen Karl Kraus. Die von Ganahl etwas hochtrabend "Pathoslupe" (125) genannte Analyse des Stils der großen bürgerlich-liberalen Tageszeitung bietet – leider nur in Einzelsätzen – immerhin einen Einblick in die Art dieses Blatts und seiner damaligen Chefredakteure, die Welt zu sehen und zu deuten, und vor allem in ihre Sprache; die Zitate erwecken den Eindruck, dass Kraus' Glossen eigentlich zu sanft gewesen sind. Weniger ergiebig sind die Abschnitte über die Arbeiter-Zeitung, deren Bedeutung als Bundesgenossin für Kraus weniger groß gewesen ist, als Ganahl anzunehmen scheint.

Von Stilanalyse hat der Verfasser leider keine Ahnung; das Literaturverzeichnis führt kein einziges einschlägiges Werk an. Selbst die für eine solche Analyse unabdingbaren Kategorien der Grammatik scheinen ihm nur ungefähr vertraut zu sein (vgl. etwa 143 über den Konjunktiv II). Wie Kraus' Begriff der 'Phrase' sich am hier vorgelegten Material entwickelt, wird vollends ausgeblendet, obwohl die Zitate Überlegungen dazu nahe legen. Der Stil des Verfassers kippt gelegentlich in einer für eine wissenschaftliche Arbeit nicht passende Weise ins Poetische – schon im Titel.

Ein so richtiger wie wichtiger Ansatz, ein paar die Lektüre von Kraus gut ergänzende Zitate, eine insgesamt sehr lesbare, als Einführung in Kraus' Medienkritik durchaus taugliche Studie – aber wirklich ertragreich für die Kraus-Forschung ist Ganahls Buch, dem, immerhin, sachliche Fehler kaum unterlaufen und in dem sich ein paar treffende Formulierungen zu Kraus finden, nicht.

 

Sigurd Paul Scheichl
22. Oktober 2008

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

 

 

 

 

 

 

 

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