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Ruth Cerha: Bora. Eine Geschichte vom Wind.

Leseprobe:

„Die Bora überraschte mich nicht. Sie kam und weht alles Gegrübel, alle Gefühle der Nutzlosigkeit und Vergeblichkeit, die bohrenden Selbstzweifel und die ganze Schwere der Sehnsucht einfach fort. Zurück blieb eine azurblaue Durchsichtigkeit, fast eine Art meditativer Leere in meinem Kopf, und ein Paar große Kirchenglocken, die direkt in meinem Brustkorb läuteten. Durch die Poren meiner Haut konnten jederzeit Glücksgefühle ungehindert hereinströmen wie durch die geöffneten Schleusen einer Staustufe. Meine Muskeln und Organe schienen von ihnen angetrieben zu sein, mein ganzer Körper war ein sehr effizientes, perfektes, kleines Glückskraftwerk. Es war etwas beängstigend, aber völlig unmöglich, sich dagegen zu wehren.
Die Bora war sogar noch stärker als das letzte Mal, sie sauste über die Insel, als wollte sie die Steinhäuser ins Wanken bringen, sie fegte in sämtliche Ecken, sang in den Kaminen, ließ uns die Haare um unsere Köpfe wehen, sodass sie aussahen wie Heiligenscheine. Der Katamaran fiel aus, die Ausflugsboote sowieso. Am Strand kämpften die Urlauber vergeblich mit Sonnensegeln und Strandmuscheln, die Einheimischen drückten sich in windgeschützte Nischen oder bleiben im Haus, die notwendigen Wege erledigten sie schnellen Schrittes, geübt die Windrichtung nutzend wie kleine Segelboote.
Andrej und ich liefen oben auf dem Inselplateau zwischen den Weingärten herum, setzten uns dem Wind aus wie Kinder, die sich mit offenem Mund in den strömenden Regen stellen, um ihn zu kosten. (…) Damals, ganz am Anfang, fielen uns die Worte aus dem Mund wie bunte Glasmurmeln, rollten hin und her, trafen mit freudigem Klackern aufeinander, wechselten die Richtung ganz nach ihrer eigenen Lust und Laune. Wie unsere Berührungen fanden sie ihr Ziel, falls es eines gab, ohne jede Anstrengung.“

(S. 75f)

© 2015 Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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