Leseprobe:
In der Rolle als Hamlet war Bogdan zu weit gegangen. Nach der Premiere erwarteten ihn drei Männer in der Künstlergarderobe. An ihren Mienen erkannte er sofort, dass sie nicht da waren, um ihm zu gratulieren. Fünf Mal hatte ihn das Publikum nach seinem Bühnentod vor den Vorhang geholt, beim dritten Mal schon klatschten viele im Stehen, zum Schluss hatten sich fast alle erhoben, im Parkett, auf Balkon und Galerie, allein in den Logen vorne nahm Bogdan Personen wahr, die nicht einmal applaudierten.
Nur drei Kollegen und zwei Visagistinnen sahen, dass Bogdan zusammen mit dem Regisseur abgeführt wurde, alle anderen waren noch irgendwo hinter der Bühne. Ein schwarzer Wagen stand an der Rückseite des Theaters, vor dem Künstlerausgang. Einsteigen. Bogdan Hamlet und der Regisseur nahmen auf dem Rücksitz Platz, zwischen ihnen einer der Männer. Der band ihnen ein dunkles Tuch vor die Augen. Der Motor ging an. Bogdan wurde bei den ersten Kurven schon übel, er verzichtete auf Fragen, nur einmal sagte er, es sei ihm zum Kotzen. Ein Rascheln und Knistern, das näher kam, dann spürte er eine Berührung an seinem Kinn. Bogdan griff hin, einer der Männer hatte ihm ein Plastiksackerl gereicht. Nur keine Schweinerei hier drinnen, sagte der.
(S. 44-45)
© 2019 Otto Müller Verlag, Salzburg, Wien