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Claudia Erdheim: Ein böses Spiel.


Leseprobe:

– Ich komm mit der Jessica nach Wien und verkauf das Haus.
Das ist eine Bombe!
– Wenn Du das Haus verkaufst, kannst du nicht bei mir wohnen.
Sophie fällt auf die Schnelle nichts Besseres ein. Das ist ein Hammer. Sagen kann Sophie ihr nichts. Sie hört nicht auf sie. Wurscht, was sie sagt. Sophie ist die blöde, kleine Schwester und Kathi weiß alles besser. Sie kann doch das Haus nicht verkaufen! Auszahlen kann Sophie sie nicht. Über ein Jahr hat sie unter größten Mühen das Haus renovieren lassen. Es war ein völlig kaputtes Bassenahaus. Alle drei Monate ging im Stiegenhaus das Licht aus. Das Wasser wurde nicht warm, weil der Gasdruck zu schwach war. Im Stiegenhaus ist man über die Fliesen gefallen. Eine Bruchbude. Überhaupt nichts wert. Mit 350.000 Schilling in der Einantwortungsurkunde bewertet. Das ist praktisch nichts. 1980 hat der Großvater der Schwestern das Haus gekauft. Damals war es durchaus etwas wert. Aber seit der Zeit des Roten Wien sind die Mieten fast geschenkt. Es gibt immer noch Mieten, die nach dem Friedenskronenzins berechnet werden. Es war kein Geld da, um irgendetwas zu renovieren. Jetzt ist das Haus pikobello renoviert und man kann Wohnungen zusammenlegen. Wenn alles abgezahlt ist, hat es einen beträchtlichen Wert. Das soll die Altersversorgung für sie beide sein. So war das ausgemacht. Sie braucht Geld. Befehlshaberischer Ton. Sie lebt seit mehr als zehn Jahren in Amerika und hat keinen anständigen Job.
Das Medizinstudium hat sie nostrifiziert, aber nicht den Facharzt. Das ging nicht mit dem Kind, sagt sie. Jezt übersetzt sie Beipacktexte für parmazeutische Firmen. Weder ein interessanter noch ein lukrativer Job. Wenn Sie verkauft, muss Sophie auch verkaufen. Auf dem Haus sind 11 Millionen Schilling Schulden, die Zinsen noch nicht abgezahlt. So ein Wahnsinn! Von allem abgesehen, ist ein so hoch verschuldetes Haus nichts wert. Sie schmeißt das Haus in den Papierkorb. Schon einmal hat Sophie das Haus mit Händen festgehalten. Vor zwanzig Jahren. Die Baba war gerade drei Tage tot. Noch nicht begraben.
– Das Haus verkaufen wir.
– Nein, das Haus verkaufen wir nicht. Kommt überhaupt nicht in Frage.
– Dann halt nicht.

– Die Baba hat dich lieber gehabt als mich.
Oh Gott, jetzt fängt das schon wieder an. Immer wenn Sophie die Kathi sieht, fängt sie davon an. Vor dem Kind, am liebsten im Bus oder in der Straßenbahn. Sophie hat keine Chance. Sie kann sagen, was sie will.
– Die Baba hat dich lieber gehabt.
Es war so und es war nicht so und es war doch so. Dafür kann Sophie nichts. Streitet nicht. Kinder mögen es nicht, wenn die Erwachsenen streiten.
– Die Baba hat dich lieber gehabt.
Sophie hat das satt. Die Kathi ist 40 und die Baba schon einige Jahre tot. Und außerdem stimmt das alles nicht so, wie es in ihrem kranken Kopf herumschwirrt. Wie Sophie klein war, war Kathi immer die Große, die Gescheite, die Vernünftige und Sophie die dumme Kleine. Sopherl vom Naschmarkt, höhnt die Kathi. Sophie macht ein Gesicht. Sopherl vom Naschmarkt! Gleich weint die Sopherl. Beleidigte Leberwurscht. Pass auf die Sopherl auf! Die Große. Auf die Kathi kann sich die Baba verlassen. Den besten Platz am Speisezimmertisch hat sie. Zumindest gilt er als der beste Platz. Kathis Platz. Sophie sieht das ganz falsch. Sophie hat immer das Knosperl vom grünen Salat bekommen.
– Die Baba hat dich lieber gehabt.

(S. 5-7)

© 2020 Königshausen & Neumann, Würzburg

 

 

 

 

 

 

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