logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   
Facebook Literaturhaus Wien Instagram Literaturhaus Wien

FÖRDERGEBER

Bundeskanzleramt

Wien Kultur

PARTNER/INNEN

Netzwerk Literaturhaeuser

mitSprache

arte Kulturpartner

Incentives

Bindewerk

kopfgrafik mitte

Felix Mitterer: Keiner von euch.

Leseprobe:

Er hörte auf zu essen. Sein Blick lag durchdringend auf mir. "Kinder sind die schönsten Wesen, die es gibt. Sie sind Engel. Rein, unschuldig. Ich vergöttere Kinder."
"Und deshalb schänden Sie sie?"
"Das ist eine sehr konventionelle Anschauung, Madame. Kinder sind genauso erotische Wesen wie Erwachsene. Es ist keine Schändung. Die Kinder erwidern meine Liebe."
"Hat Angelo diese Liebe ebenfalls erwidert?"
"Natürlich. Angelo ist mein Sohn. Ich habe ihn erzogen. Ich habe ihn zu dem gemacht, was er ist. Eines Tages verlieren alle Kinder ihre Unschuld, ihre Schönheit. Angelo ist geblieben, wie er war. Ein Gott. Ein schwarzer Gott. Ewig jung."
"Sie lieben ihn also immer noch?"
"Ja. Ich liebe ihn."
"Und wenn er Sie bitten würde, ihn freizugeben, ihn heimkehren zu lassen nach Afrika, würden Sie zustimmen?"
"Er wird mich nicht darum bitten. Sonst hätte er es längst getan."
Ich stocherte weiter in meinem Essen. Eine Weile herrschte wieder Schweigen. Dann setzte ich von Neuem an. "Und wie soll das mit uns beiden weitergehen?"
"Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, Madame. Ansonsten stehen Ihnen alle Annehmlichkeiten zur Verfügung, die ein Fürstenhaus zu bieten hat."
"Ich bin also für Sie eine Art Kuh, die ein hochfürstliches Stierkalb austragen soll?"
"Es gibt beklagenswertere Schicksale, Madame."
Er glich einem unnahbaren Eisklotz. "Als ich ein Kind war, bin ich auf Ihrem Schoß gesessen, Fürst. Erinnern Sie sich?"
Er trank von seinem Rotwein. "Natürlich erinnere ich mich. Sie waren das süßeste Kind, das man sich vorstellen kann. Deshalb habe ich Sie geheiratet, Clara, trotz des großen Standesunterschiedes. Mit diesem Bild im Kopf. Das kleine, süße, blondgelockte Mädchen auf meinem Schoß. Aber Sie sind nicht Angelo. Sie sind jetzt eine Frau wie jede andere."

(S. 87 f.)

© 2020 Haymon Verlag, Innsbruck–Wien

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Junge LiteraturhausWerkstatt - online

Mi, 13.01.2021, 18.00–20.00 Uhr online-Schreibwerkstatt für 14- bis 20-Jährige Du schreibst und...

Grenzenlos? (Literaturedition Niederösterreich, 2020) - online

Do, 14.01.2021, 19.00 Uhr Buchpräsentation mit Lesungen Die Veranstaltung kann über den Live...

Ausstellung
Claudia Bitter – Die Sprache der Dinge

14.09.2020 bis 25.02.2021 Seit rund 15 Jahren ist die Autorin Claudia Bitter auch bildnerisch...

Tipp
LITERATUR FINDET STATT

Eigentlich hätte der jährlich erscheinende Katalog "DIE LITERATUR der österreichischen Kunst-,...

OUT NOW flugschrift Nr. 33 von GERHARD RÜHM

Die neue Ausgabe der flugschrift des in Wien geborenen Schriftstellers, Komponisten und bildenden...