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Peter Handke : Don Juan (erzählt von ihm selbst).

Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004.
158 S.; geb.; Eur[A] 16,80.
ISBN 3-518-41636-7.

Link zur Leseprobe

Bücher lassen sich zweifach lesen, einmal als heftige Zeitgenossenschaft und einmal als Archiv. Peter Handkes Bücher haben die Eigenschaft, synchron beides zu sein, Archiv und Zeitgenossenschaft. So gibt es durchaus Leser, die die Zeit in Handke-Bücher einteilen, 1972 war das "Wunschlose Unglück", 1982 die "Geschichte des Bleistifts", 1992 die "Stunde, da wir nichts voneinander wussten" und jetzt 2004 ist das Jahr von "Don Juan". Kaum ein Dichter schreibt sich die Jahresringe so um den eigenen Leib wie Peter Handke. Alle diese Jahresringe ineinander versenkt wie die berühmten Ringe einer alten Herdplatte ergeben eine Biographie des Lesens. - Man altert als Leser mit dem Autor, wird langsam, weitsichtig und altersreif.

Schon der Titel erklärt ein wenig vom kompliziert einfachen Konzept des Don Juan. Einerseits ist er eine Ikone, der alle um den Hals fallen, sobald er seinen Namen wie eine heftige Liebesaktion nennt. Im Nachsatz erfahren wir Leser, dass hier die Innensicht des Don Juan zum Vorschein kommen wird, indem er sich selbst als Mythos erzählt, freilich in Klammern gesetzt.

Dabei beginnt alles mit einer Handkeschen Erzählverschwörung. Der Ich-Erzähler hat sein Leben vollends im Griff, geht politischen Nebensächlichkeiten aus dem Weg, kümmert sich um die leeren Gästezimmer und richtet sein ganzes Augenmerk auf den Garten, der zu einer Spätreifung ansetzen wird.

Da taucht unvermittelt, wie eben Figuren aus der Lektüre hervortreten und zu uns sprechen, Don Juan auf und erzählt wirres Liebeszeug, das aber chronologisch und geographisch sauber getrennt ist. Im Kaukasus findet eine anarchisch-animal-schöne Hochzeit statt, Don Juan stößt hinzu und verknüpft das Punktuelle der Leidenschaft mit einem zeitlosen Glanz. Weitere Stationen sind Damaskus, die nordafrikanische Sonderstation Ceuta, der gletscherfrohe Fjord bei Bergen und eine erkaltete Düne in Holland.

Und überall kommt es zu diesen donjuanitischen Begegnungen, mal ist es Zeitvertreib, dann Erotik, dann auch nur ein hohler Blick. Schmachten für Sekunden ist angesagt, das schwere Nachtröpfeln sinnloser Flüssigkeiten in megahohle Gefäße, voll und leer, geschieht gleichzeitig.

Einmal geht ein Diener verloren und muss sich erst wieder neu positionieren, wie alle Diener versucht er nämlich, den Herrn nachzuäffen und das ist schwer strafbar.

Das Resümee des Erzählers fällt wie bei heftiger Lektüre ermunternd aus: "Während der sieben Tage bei mir im Garten waren noch und noch andere Don Juans aufgetreten, im Nachtprogramm des Fernsehens, in der Oper, im Theater, und ebenso in der sogenannt primären Realität, in Fleisch und Blut. Doch durch das, was mein Don Juan mir von sich selber erzählte, habe ich erfahren: Das waren allesamt die falschen Don Juans - auch der von Molière; auch der von Mozart." (S. 157)

Peter Handke setzt sich mit seinem Erzählarrangement über alle üblichen Bräuche und Fundamente hinweg, zwischendurch wird der Stoff schwer und melancholisch aus dem Körper des Helden geschält, dann setzt sich wieder alles in einem wunderbaren Akt von 'Scheißdinix' über Germanisten und Sekundärliebhaber hinweg. Am Schluss bleibt man als Leser weise und alterslüstern in sich selbst zurück: Endlich einmal eine Story, wo man selbst Don Juan ist, ganz ohne Leiden und Nebenwirkungen.

Helmuth Schönauer
9. August 2004

Originalbeitrag

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