KIRSCH: Guat, probier ma des Stückl - furchtbar, furchtbar, sag i enk! Koaner hats derspielt, herum gruadert mit die Arm, alle wia die Holzpflöck! Jetzt, derentwegen, mit meiner Begabung, nit, bin i wia der Judas, wia der echte Judas gwesen, hun mi direkt verwandelt in den Judas! Brennrote Haar, brennroten Bart, so an Zinken im Gfrieß, bugglert, hatschert, der ewige Jud halt, nit? So, und was is gschechen? Die Leut, die Zuaschauer, ham geglabt, i bin der echte Judas und ham mi nach der ersten Vorstellung derartig, aber schun derartig verdroschen, daß i ins Spital müassen hun. Aber an Stolz hun i ghabt, des kunn i enk sagen. An sakkrischen Stolz. So, nachand sozuagen der zwoate Wendepunkt, fünf Jahr spater. Geh i unten in Oetz beim Lehrerhaus vorbei, dee alte Lehrer is grad gstorben gwesen, und was siech i da? Die Frau vom Lehrer steht vor an Haufen Büacher und will sie anzünden. I hupf glei eini übern Zaun und blas ihr des Zündhölzl aus und schmier ihr oane. Büacher tuast ma du koane anzünden, sag i, so a Frevel. I moan, daß Ös mi recht verstehts: Judenbüachel is freilich koans dabei gwesen, des hab i nachand schon gsechen, weil die Judenbüacheln, de ghörn freilich verbrennt. I kenn zwar koa Judenbüachel, aber da sollen furchtbare Sachen drinstehn, hun i in der Zeitung glesen. Was steht denn da drin in so an Judenbüachel, wißts Ös des?
STRASSKY: (grinsend) Dekadente Schweinereien, Herr Höllrigl!
KIRSCH: Was? Was is denn des?
STRASSKY: Da fragen Sie lieber den Herrn Direktor, der hat früher mit Vorliebe solche Stücke aufgeführt.
MEISEL: Also, bitte, Herr Strassky, tun Sie mich hier nicht -
KIRSCH: Judenstückeln habts Ös aufgführt, Herr Direkta? Ja, nacha möcht i aber an dem Theater nit schauspielen. Weil, mit die Schweinereien von denen, mit die dekadings, da kenn i mi zwenig aus, aber daß die Juden unsern Herrn und Erlöser ans Kreiz gschlagen haben, des woaß i wohl! Weil, wenn i a nit in die Kirchen geh, über unsern Herrn und Erlöser lass i nix kemmen. Wenn i'hn a nit spielen möcht, weil des nix hergibt am Theater. Na, wenn des so is, nachand geh i wieder. I find schon an anders Theater, wo' koane Judenstückeln spielen. (S. 44f.)
GOEBBELS: [...] Wir Rassisch-Erweckten, Volksgenossinnen und -genossen, fordern das neue Schauspielergesicht. Das neue Schauspielerantlitz! Sie sehen es hier exemplarisch auf dieser Bühne. Die frische, gewandte Männlichkeit (deutet auf Jakschitz), die herbe, eckige Lieblichkeit (deutet auf Olga), die liebende, aufopferungsbereite Mutter (deutet auf Helene), der Vater, der Führer, der Kämpfer, der heldische Mann, Sinnbild der deutschen Eiche (deutet auf Kirsch!) Von allen Künsten, Volksgenossinnen und -genossen, hat die Schauspielkunst am entschiedensten zur Rassenfrage Stellung zu nehmen. Denn sie hat ja am meisten mit Blut und Körper zu tun. Ist d i e künstlerische Betätigung, in der Leibhaftigkeit, Rassenseele und Rassenwerte unmittelbar in Erscheinung treten. Und deshalb, Volksgenossinnen und -genossen, mußte das Theater vollkommen von fremdem Blute gereinigt werden. Man denke sich nur einmal die Rolle des Faust durch einen Juden, die des Gretchen durch eine Jüin besetzt. Unmöglich! [...]
(93f.)
(c) 1998, Haymon, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.