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Leseprobe: George Tabori - "Gefährten zur linken Hand."

Ugo verschwand durch die Schwingtür in die Küche. Die Terrasse war jetzt leer bis auf Farkas und den Mann im weißen Anzug: Er saß, den Ellbogen auf der Lehne seines Korbstuhls ruhend, und rauchte nachdenklich. Aber Farkas wußte, er wartete nur auf eine Gelegenheit, um in ein paar Minuten aufzustehen, verlegen an seinen Tisch zu kommen, sich zu verbeugen und zu sagen, 'Entschuldigen Sie, sind Sie nicht der berühmte Stückeschreiber Stefan Farkas?' - oder etwas in der Art. Der Mann interessierte ihn nicht, auch sein unglücklicher Bruder nicht. Aber er langweilte sich und wollte noch nicht hinaufgehen. Er hätte ganz gern mit jemandem gesprochen, der zuhören konnte. Don Teofilo und der Doktor waren ihm heute auf die Nerven gegangen. Der fette Gnom hatte einen schmutzigen Witz nach dem anderen erzählt, die aus seinem Mund besonders widerwärtig klangen, als hätte er sie alle persönlich erlebt. Der Doktor war nocch schläfriger gewesen als sonst. Seine Lider waren immer wieder zugefallen, und er hatte kaum zugehört, als Farkas, um Don Teofilos pornographische Ausbrüche abzuwürgen, eine feinsinnige Anekdote aus dem siebzehnten Jahrhundert erzählt hatte. (S. 100)

"Interpunktion", sagte der Mann; das Wort klang wie der Titel einer Heldenballade. "Sie werden sich auskennen mit dem Thema. Was halten Sie von Semikolons?"
"Ich mißtraue ihnen", sagte Farkas. "Sie bedeuten, daß der Autor zu feige oder zu ignorant war, einen Satz zu Ende zu bringen."
"Da bin ich anderer Meinung", sagte di Bocca. "Der Punkt mit seiner Endgültigkeit ist häufig irreführend. Denken Sie nur an all das, was in einem einzigen Satz nicht gesagt werden kann - was hinter der Unendlichkeit eines Punktes lauert. Das Semikolon ist bescheidener, es schenkt einem eine Pause. Der Doppelpunkt dagegen ist zu offensichtlich, finden Sie nicht? Zu offensichtlich, zu unsubtil. Wie ein Kind, das mit dem Finger zeigt. Die drei Auslassungspunkte hasse ich", fügte er heftig hinzu. "Sie sind vulgär, wie die Stimme eines Mannes, die obszön flüsternd verklingt. Und außerdem wichtigtuerisch, weil sie geltend machen, daß es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die der Autor kennt, aber, überlegen wie er ist, nicht mitteilen will. Ich meine, können Sie sich vorstellen, daß Dante, Homer oder Goethe ihre Sätze nicht zu Ende schreiben? Bestimmt nicht. Es ist maniriert und bourgeois. Aber der wahre Schurke ist das Ausrufezeichen. Der Titel meines Essays ist nämlich 'Das Ausrufezeichen: ein Symbol des Faschismus.' Folgen Sie mir?" (S. 104f.)

© 1999, Steidl, Göttingen.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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