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Leseprobe: Herbert J. Wimmer - "Innere Stadt : Roman."

3. kapitel

loretta springt über eine wahrnehmungsschwelle und ist mitten unter den indianern des nachtfilms, sie weist auf die gegenden ihres körpers hin, die dringend eines ausführlichen besuches bedürfen, sind sie doch seit tagen und wochen unberührt geblieben, haben sie doch keinerlei spannungsabfuhr durch ordentliche hautkontakte erlangt. die unbenützten körper verharren vor dem abgrund der intimität. eingeklemmt zwischen der us-cavalry, die sich auf geordnetem rückzug befindet und der zurückweisung durch pausenloses einwärtssprechen blaunsteiners, fluten über die deiche des rationalen die konnotationen der fehlleistungen, ritualisiert ereignet sich nichts. lustlos hängen die körper am hirn, das die ganze arbeit macht und auf bessere zeiten wartet, die in den gedächtnissen herumlungern. als die bundeshymne in das totale programm des nichtsendens übergeht, fällt er aus lorettas wahrnehmung. die zähne der körper werden geputzt, die artikulatorischen organe sagen gute nacht, bald spuckt das langzeitgedächtnis alte details in den verarbeitungsprozess, eine zähe emulsion aus tagresten, aus unterlassenem und durchgeführtem sickert durch die senkgrube seines bewusstseins, dann ist er ganz weg vom fenster, durch das die welt wie nix hereinschneit.
du schnarchst, brüllt loretta, leg dich auf die seite, aber auf die rechte, damit das herz nicht zu sehr belastet wird.

16. kapitel

herr keese liest zeitung.
herr keese lässt den kurzen mokka kalt werden, überblättert geschwind die innenpolitik, liest sich ins internationale vor, wird hingerichtet, wird zur miss world gewählt, erfriert in einem brunnenschacht, ein juwelier schiesst ihm nach, trifft ihn ins bein, umblätternd verhungert er massenhaft in indien, in der sahelzone, in südamerika wird er ausgerottet, angegurtet verbrennt er in einem kleinauto, ein fussballclub verkauft ihn, dann verliert er wimbledon, er trinkt seinen kalten kaffee, HUMAN INTEREST schüttelt ihn, gewissenhaft bereitet er sich auf den fernsehabend vor, auf dem nachhauseweg gerät er in eine demo, ein polizist betritt und fotografiert ihn, ein geheimer fotografiert geheim, herr keese kauft die zeitung von morgen, betrachtet das foto von der demo, erkennt sich im chronischen, verblättert sich und versinkt hilflos in SOFTNEWS.

(S. 14, 39)

© 2003, Sonderzahl, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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