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Güni Noggler: Mixed Pickels.

Erzählungen und Theaterstück.
Innsbruck: TAK, 1998.
164 S., brosch.; öS 208.-.
ISBN 3-900888-36-1.

Link zur Leseprobe

In einem Interview hat Güni Noggler seine Schreibweise mit der Art des Philodendrons verglichen: kreuz und quer, nach oben und unten gleichzeitig, und was keine Erde zu fassen kriegt, muß als Luftwurzel enden.

"Mixed Pickels" ist eine Sammlung aus vierzehn Erzählungen und einem alpinen Kurztheaterstück. Der Titel erinnert an konserviertes Gemüseallerlei wie auch an ein pubertierendes Gesicht, wo die Pickel nur so über die Gesichtshaut dahinfegen.
Immer wieder setzen sich auf der Haut der Gesellschaft Eiterungen und Wimmerl fest, die sich zu einem Pickel auswachsen. So sind es in Güni Nogglers Erzählungen kleine Verunreinigungen, die sich zu schmerzhaften Erzählungen auswachsen.

Im Park füttern ehemalige Kriegsteilnehmer die Tauben und können sich nicht entscheiden, ob sie diese Tieransammlung militärisch vergattern oder gleich mit einem MG aus der guten alten Jugendzeit zusammenschießen sollen. Außer Exerzieren und Hinrichten haben sie nichts gelernt, weshalb sie alle Bewegungen auf diese zwei Elementarübungen von Grundwehrdienern zurückführen möchten.

In einer anderen Geschichte kommt zu Weihnachten dem Fernseher neben seiner profanen auch eine sakrale Bedeutung zu. Während die Krippe immer als Standbild in der Stube verweilt, wird im Fernseher durch die Übertragung des päpstlichen Segens "Urbi et Orbi" die Erlösung dramaturgisch einwandfrei in Theaterbewegungen aufgelöst.

In einer dritten Geschichte geht es um die moderne Medizin. "Der hippokratische Eid dient nur mehr als Kleiderbügel für den weißen Mantel - den übrigens nur Ärzte mit geöffneten Knöpfen tragen dürfen." (S. 50) Wie immer, wo etwas zu Schau gestellt wird, muß einmal etwas verdeckt worden sein. Güni Noggler ist ein Fachmann für Hohlräume unterm glatten Putz, nicht umsonst klopft er die Alltagsgeschichten einzeln auf ihren Wahrheitsgehalt ab.
Idyllen im Park verdüstern sich zu Kriegserinnerungen, das schneeweiße Weihnachtsfest wird mit den knallbunten Farben der Showbranche zugeschüttet, das Geschäft mit der Gesundheit setzt den gesunden Menschenverstand außer Kraft.
In den restlichen Texten geht es unter anderem um sinnlose Verordnungen, die sich selbst ad absurdum führen, um Präservative, die Jugendliche gegen die Unzucht der Erwachsenen schützen, oder um Gastarbeiter, denen professionell das Halleluja ausgetrieben wird.

Nogglers Geschichten entwickeln ihre Moral immer in der Abschweifung vom Ideal. Gerade wenn man als Leser dabei ist, ein Bild auf seine sogenannte Vorbildwirkung hin zu untersuchen, weschelt es den Rahmen oder das Milieu und zeigt in einem neuen Zusammenhang die Brüchigkeit der Ideale unbarmherzig auf.
Der Autor erzählt seine Geschichten in einem leichten, beiläufigen Ton, er verwendet Alltagssprache, manchmal werden Begriffe neu konzipiert, um einem abgegriffenen Mythos beizukommen. In der kleinen Legende vom Zimmermann, dessen Frau unversehrt zur Madonna mutiert, versucht der wie jeder Metzger und Zimmermann an den Fingern Verstümmelte mit dreifingrigen Händen die "fleischheiße Zärtlichkeit" seiner "zwanzigwintrigen Maria" angedeihen zu lassen. Die erlesene Sprache der Legende wird mit einer ebenso erlesenen Neufassung aufgehobelt, um den aktuellen Sinn freizulegen.

Das den Erzählungen nachgestellte Theaterstück "Abortus Alpinum" zeigt Auf- und Abtrieb auf der Alm im Sinne einer negativen Heilsgeschichte. Das Leben im bäuerlich-katholischen Ideenkosmos endet als Horrorgroteske im Gebirge. Der Überdruck an Geilheit löst die größten Lebenskatastrophen aus und donnert als gigantische Gefühlslawine unkontrolliert zu Tal.

Helmuth Schönauer
9. Juli 1999

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