Ron Sturiak war im Flugzeug von Zürich nach Wien unterwegs. Auf dieser Strecke kam es immer wieder vor, dass bei starkem Westwind die Flugzeit kürzer als vorgesehen ausfiel. Anders als in früheren Jahren, als die Swiss Air noch dafür sorgte, dass Zürich ein überlastetes Drehkreuz im internationalen Flugverkehr war, wurden die Abflugzeiten dort nunmehr in der Regel pünktlich eingehalten. Sturiak überlegte: Er sollte in Wien-Schwechat von einer Mitarbeiterin der österreichischen Tochtergesellschaft von Global Consulting Support abgeholt werden. Sicher würde sie seine frühe Ankunftszeit mitbekommen, wenn sie auf Draht war. Und das konnte man von einer Mitarbeiterin des Consulting-Support-Konzerns, egal wo auf der Welt, durchaus erwarten. Von allen Mitgliedern des großen, weltweiten Teams wurde größte Aufmerksamkeit in allen persönlichen Angelegenheiten verlangt. Das war essenzieller Bestandteil der "Support"-Philosophie.
Sturiak war von Wien angefordert worden; das heißt, nicht er persönlich, sondern ein Spezialist für die Aufdeckung versteckter Softwarefehler. Er hatte sich das Attachment der Mail wiederholt durchgesehen, das den Anlass für seine Reise gab. Ein Kunde in Wien hatte Probleme. Vielmehr: Er machte Probleme. Es handelte sich um eine Software, die nicht das gewünschte Resultat lieferte. Er konnte aus dem Text nichts Konkretes über den behaupteten Mangel herauslesen. Wahrscheinlich hatte man wieder einmal einen dieser Studenten für die Installation eingesetzt. Die Wiener Tochtergesellschaft hatte das in letzter Zeit öfter getan, weil sie sparen musste. Ihre Kosten lagen im internationalen Vergleich auffällig über dem europäischen Durchschnitt.
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