Gott, die Welt und strenge Dominas
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Wahrscheinlich haben katholische Internate mehr zur Verbreitung sadomasochistischer Praktiken beigetragen als alle Schriften von Marquis de Sade und Sacher-Masoch zusammen. Insofern ist der Name dieser sexuellen Spielart (oder Perversion, je nach persönlichem Standort) wohl falsch gewählt. Aber römisch-katholisch war schon vergeben.
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Was nun die Frage nach den Ratschlüssen Gottes betrifft, sind wir Bewohner der katholischen Kernländer leider bis heute vorwiegend auf die Auskünfte der vatikanischen Glaubensbürokratie angewiesen, einer modernen Form des Orakels zu Delphi, allerdings sanft geküßt von der Muse Aufklärung, und daher immer bemüht, selbst den größten Unsinn noch als irgendwie vernünftig darzustellen. Nur wenn alles nichts mehr hilft, dann hilft Gott.
Wir können Gott also nicht fragen, welche Erziehung denn nun gottgefällig wäre. Der Papst kann das – vielleicht. Aber wir sind nicht Papst. Es besteht jedoch der berechtigte Verdacht, daß die Päpste der letzten Jahrhunderte kaum pädagogische Ratschläge bei Gott eingeholt haben. Der hat auch so schon genug zu tun. Das Weiden der Lämmer hat er bekannterweise ausdrücklich seinen Hirten überlassen – und das Blöken der Herde.
Wir wissen also nicht, ob das Auftreten strenger Damen in katholischen Internaten gottgefällig ist oder nicht. Wir kennen Gottes pädagogische Vorlieben nicht. Ob er es mehr mit den Reformern hält oder eher mit den Sadisten? Ob der Zustand der Welt zu Rückschlüssen berechtigt? Oder ob die Geschichte der katholischen Internatserziehung darüber Aufschluß gibt?
Der werfe den ersten Schlüssel, der nicht selbst in Ketten liegt.
(Der Autor hat sich für die alte Rechtschreibung entschieden)
© 2011 Klever Verlag, Wien.