BERLIN (BLK) – Mit ganzseitigen Zeitungsanzeigen haben rund 200 prominente Künstler in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen besseren Schutz des geistigen Eigentums gefordert. Anlass ist der von der UN initiierte Welttag des geistigen Eigentums an diesem Samstag (26. April 2008). Im Internet würden millionenfach Musiktitel, Filme oder Hörbücher illegal angeboten. 2007 seien in Deutschland mehr als 300 Millionen Musikstücke illegal heruntergeladen worden – zehnmal mehr als legal verkauft wurden. „Nehmen Sie sich dieses Themas an und machen es zur Chefsache“, appellierten die Unterzeichner. Zu ihnen gehören unter anderen die Filmregisseure Sönke Wortmann, Bernd Eichinger und Fatih Akin, die Schauspieler Til Schweiger, Renan Demirkan und Detlev Buck und Musikgruppen wie Tokio Hotel, Monrose und Söhne Mannheims. Unterschrieben haben auch die Sänger Udo Lindenberg, Reinhard Mey, Peter Maffay, Roger Cicero, LaFee, Herbert Grönemeyer, Udo Jürgens, Yvonne Catterfeld und René Kollo.
Auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) kritisierte am Freitag (25. April 2008), dass der Respekt vor dem Wert und der wirtschaftlichen Bedeutung des geistigen Eigentums im Zeitalter der Digitalisierung zurückgegangen sei. Urheberrechtsverletzungen müssten effektiv bekämpft werden. Die illegalen Downloads von Musik, Film und Hörbüchern schadeten der Kreativwirtschaft und bedrohten die Existenz der Künstler. Im Kampf gegen die Internet-Piraterie sollten Provider und Rechteinhaber enger kooperieren.
Der Deutsche Kulturrat, Spitzenverband der Bundeskulturverbände, betonte, das Urheberrecht sei eines der zentralen Rechte in der Informationsgesellschaft. Geschäftsführer Olaf Zimmermann verwies auf den Abschlussbericht einer entsprechenden Enquete-Kommission des Bundestages. Dort sei klargestellt, dass dieses Recht nicht durch wirtschaftliche Interessen anderer Branchen wie der Computerindustrie außer Kraft gesetzt werden darf.
Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Frankfurt am Main) verlangte zusammen mit dem Bundesverband Musikindustrie und der GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen), dass die Internetpiraterie schärfer bekämpft werden müsse. Vorbild könnten neuen Initiativen aus Frankreich und England sein, hieß es. In beiden Ländern erhielten Inhaber von Internetanschlüssen zunächst Warnhinweise, wenn sie durch Urheberrechtsverletzungen auffallen. Wenn sie diese nicht beachten, würden die entsprechenden Anschlüsse für eine befristete Zeit gekappt.
Der Bundesverband der Industrie (BDI) verwies auf die enormen Schäden und Gefahren durch Piraterie: „Allein im deutschen Maschinenbau sind im vergangenen Jahr etwa 7 Milliarden Euro Schaden entstanden“, erläuterte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf. Im Rahmen eines Ideenwettbewerbes will der BDI vor allem Jugendliche, die besonders anfällig für den illegalen Download von Software und Musik aus dem Internet sind, aufklären: Produkt- und Markenpiraterie seien weit mehr als nur ein Kavaliersdelikt.
In ihrem Aufruf kritisierten die Künstler allerdings auch die Telekommunikationsindustrie. Sie profitiere von der Nutzung illegaler Inhalte, verweigere aber beim Schutz geistigen Eigentums die Verantwortung. Die Kreativen erhielten keine faire Entlohnung. Sie forderten, unter staatlicher Aufsicht den Ausgleich der Interessen aller Beteiligten zu regeln. Der Trompetenvirtuose Ludwig Güttler betonte, es werde grundsätzlich verneint, dass es überhaupt Eigentum sei. „Das ist wie ein Ladendiebstahl, bei dem alle wegschauen“, sagte er am Freitag (26. April 2008) der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Auch Güttler gehört zu den Unterzeichnern. Der Text erschien in der „Süddeutschen Zeitung“, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „tageszeitung“. Initiator ist der Bundesverband Musikindustrie.
Neumann kündigte eine EU-Initiative zusammen mit seiner französischen Kollegin Christine Albanel an. Der zuständige EU-Kommissar Charles McCreevy werde noch vor der Sommerpause der EU-Kommission einen Vorschlag zum Schutz des Urheberrechts unterbreiten. (dpa/wip)