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Ab jetzt Begeisterung!

Glaubt man dem Titel von Dominic Vekens neuem Buch, gehört die Zukunft den Idealisten

© Die Berliner Literaturkritik, 16.03.09

 

HAMBURG (BLK) – Im März 2009 erscheint im Murmann Verlag das Buch „Ab jetzt Begeisterung. Die Zukunft gehört den Idealisten“ von Dominic Veken.

Klappentext: Nichts kann Menschen so beflügeln wie Begeisterung. Dominic Veken ist ein kluger Deuter gesellschaftlicher Phänomene und ein Pionier des Perspektivenwechsels. Seine Diagnose: In der aktuell verfahrenen Situation sind Sehnsucht und Begeisterung der Schlüssel zu Aufbruch und tiefgreifendem Wandel. Ob Fußball, Surfen, Bionade, Barack Obama, Apple oder Yale, der Club der toten Dichter, die Anthroposophie, die Mafia oder Jesus Christus – Begeisterung schafft Visionen und Geistesgemeinschaften setzen sie in soziale Bewegung um. Dominic Veken zeigt, wie die Grundgesetze der Begeisterung funktionieren. Er setzt für die Zukunft unserer Gesellschaft auf das Individuum und seinen starken Charakter, auf Gemeinschaften und ihre Idole.

Dominic Veken ist Chefstratege und geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsagentur Kolle Rebbe in Hamburg, die zu den kreativsten Agenturen Deutschlands gehört. Er arbeitet hier für Kunden wie Bionade, die CDU, OTTO, Google oder das ZDF. Nach dem Studium der Philosophie in Frankfurt/M. und Berlin war Dominic Veken etliche Jahre als strategischer Planer in unterschiedlichen Agenturen und Unternehmensberatungen tätig. Er ist Herausgeber der Strategiezeitschrift Bonaparte. (jud)

Leseprobe:

© Murmann Verlag ©

Auf der Welle.

Der Moment des Anfangs.

„Man sagt, dein ganzes Leben läuft vor deinen Augen ab, wenn du stirbst“, meint Lester Burnham am Schluss von Alan Balls Theaterstück „American Beauty“. Er ist gerade erschossen worden und muss wissen, wovon er spricht. „Aber es ist nicht dein ganzes Leben. Es sind nur die besonderen Momente. Und das sind nicht unbedingt die, mit denen du gerechnet hättest. Es sind winzige Augenblicke, über die du vielleicht noch nie bewusst nachgedacht hast. In der letzten Sekunde deines Lebens erinnerst du dich an jeden einzelnen mit erstaunlicher Klarheit.“

Die vier Millionen Besucher der Kinofassung aus dem Jahr 1999 werden sich an die ruhige, mit seinem Schicksal versöhnte Stimme des Protagonisten erinnern, der von seinem inneren Film berichtet, und an die Ausschnitte, die auf der Leinwand gezeigt werden: Lester als Pfadfinder, der nachts im Gras liegt und Sternschnuppen beobachtet. Laub, das von Bäumen fällt. Die Hände der Großmutter, die wie Pergament wirken. Der brandneue Sportwagen. Die Tochter als kleines Mädchen im Halloween-Kostüm mit einer großen, funkensprühenden Wunderkerze. Und seine Frau in der Zeit, als ihre Liebe noch frisch war. Übermütig auf einem Karussell in voller Fahrt.

Die Vorstellung vom rasant zusammengefassten Lebensfilm im Augenblick des Todes stammt aus der Zeit vor der Erfindung des Kinos. Entsprechend ist in den „Notizen über den Tod durch Absturz“, die der Bergsteiger und Geologe Albert Heim 1892 im Jahrbuch des Schweizer Alpenclubs veröffentlichte, von einer inneren Bühnenaufführung die Rede. Die Berichte der von ihm ausgewerteten 43 Fälle bestätigten sein eigenes Erleben bei einem Bergunfall: „Während des Falls stellte sich die erwähnte Gedankenflut ein. Was ich in fünf bis zehn Sekunden gedacht und gefühlt habe, läßt sich in zehnmal mehr Minuten nicht erzählen. Alle Gedanken und Vorstellungen waren zusammenhängend und sehr klar, keineswegs traumhaft verwischt... Ich sah, wie auf einer Bühne aus einiger Entfernung, mein ganzes vergangenes Leben in zahlreichen Bildern sich abspielen.“

Die Vorstellung von der letzten resümierenden Zusammenschau stellt die Frage nach dem richtigen Leben. Auch wenn es sich, trotz aller Erfahrungsberichte, nur um einen Mythos handelt, kann er uns helfen herauszufinden, was uns wichtig ist. Lassen wir uns auf das Gedankenexperiment ein, leuchtet sofort ein, dass im kurzen Moment des Abschiedes nur Zeit für die Höhepunkte des eigenen Lebens ist, das wirklich Wichtige und Intensive. Man wird sich nicht durch endlose Autofahrten zur Arbeit langweilen, durch quälende Stunden wartend auf Ämtern oder Millionen von Sendeminuten regungslos vor dem Fernsehgerät. Es wird ein Zusammenschnitt kommen von dem, was einen im Leben nachhaltig begeistert hat. Und in dem, was einen wirklich berührt, bewegt, beflügelt hat, erkennt man, wer man war.

Wer nach einem solchen Film weiterleben kann, wird dies vermutlich bewusster tun. Er wird aufmerksamer Ausschau halten nach dem, was ihn wirklich begeistert, und wenn er es gefunden hat, wird er es entschieden und leidenschaftlich verfolgen. Denn erkennbar werden die eigenen Passionen erst, wenn man sie in gelebtes Leben umsetzt.

Jeder hat ein ganzes Leben lang Zeit, seinen unverwechselbar eigenen Film mit Bildern zu füllen. Das Entscheidende ist, auf sich selbst zu hören, wenn einem etwas begegnet, das begeistert. An Gelegenheiten dazu mangelt es in keinem Leben. Mögliche Anfänge gibt es ohne Ende. Jeder trifft auf Menschen, Dinge, Orte, Ideen und Tätigkeiten, bei denen es kurzzeitig „klick“ macht. Immer wieder. Es sind Momente wie Zündfunken, in denen eine Idee, eine Möglichkeit mit einem Mal alle Aufmerksamkeit fesselt und alle Energien freisetzt. Steigt man hier ein, lässt sich ergreifen und bleibt am Ball, ist man auf dem besten Wege zu begeisternden und prägenden Erfahrungen, die für den Lebensfilm taugen.

Der Moment des Anfangs ist ein Initiationspunkt, ein Anstoß, der eine derartige Anschubenergie freisetzt, dass man über einen weiten Zeitraum von ihr getragen wird, sich voller Lust vertieft und kaum noch etwas anderes kennt als »das eine«. Besonders anschaulich können Surfer von diesem Erlebnis berichten. Bei ihnen ist es eine reale Welle, die alles in Gang bringt und sie in der Folge in eine eigene Lebensart und Kultur hineinträgt. Von passionierten Wellenreitern hört man immer wieder Geschichten wie: „Dann kommt der Moment, wo du weißt, jetzt ist es so weit. Ein paar kräftige Paddelbewegungen, und du merkst, wie die Welle dein Board anzieht. Du springst auf, von hinten sprüht dir die Gischt um die Ohren, und du spürst, wie sich diese elementare Kraft auf deinen Körper überträgt; du schießt nach vorne, du hebst ab. Wenn du das einmal erlebt hast, ist nichts mehr wie vorher...“

Der Moment des Anfangs hat immer etwas von einer Erweckung oder Erleuchtung, er erfasst einen unvermittelt, verändert die eigene Richtung, eröffnet eine völlig neue Zukunft. Nach unendlich vielen Versuchen findet ein Puzzleteil sein passendes Gegenstück. Mit einem Mal ist klar, was zu tun ist. Alles bekommt in diesem Augenblick einen Sinn! Und mit der eigenen Begeisterung bekommt man ein Instrument in die Hand, das Zaudern und Zögern überspringt, an das glauben lässt, was erreichbar erscheint, und das überwinden hilft, was einem auf dem Weg dahin entgegensteht.

Ich hatte so ein Erlebnis im Spätsommer 1991. Dieser Moment brachte mich zwar nicht zum Wellenreiten, obwohl es darum ging, aber er eröffnete mir eine völlig neue Perspektive – die mich letztlich motiviert hat, dieses Buch zu schreiben. Ich machte mit meinem Freund Martin einen Trip durch Kalifornien. Da wir beide erst 20 Jahre alt waren und man in den USA erst mit 21 einen fahrbaren Untersatz mieten darf, waren wir auf eine Transportmixtur aus Kurzflügen, Bussen und Taxis sowie unsere eigenen Füße angewiesen. Auf umfangreiche Planungen im Voraus hatten wir verzichtet und schlugen uns von Tag zu Tag durch. Da wir als angehende Studenten nicht übermäßig betucht waren, stand vor allem Kompromissbereitschaft auf dem Programm. Freitagmittags in San Diego gelandet, kam Martin auf die formidable Idee, in die bekanntermaßen coole Mission Bay Area zu fahren, sich dort direkt am Strand in einem lässigen Hotel ein Zimmer zu besorgen und der Sonne bei einem ihrer romantischen Untergänge zuzuschauen.

Wir ergatterten ein Taxi und fuhren los, mit vollen Koffern und großen Erwartungen. Nach sieben Absagen war unsere Vorfreude deutlich abgeflaut, während sich das Taxameter unbeirrt zu schwindelerregenden Höhen emporarbeitete. Als auch beim dreizehnten Versuch Freitag nachmittags in einer grandiosen Strandgegend komischerweise nicht einmal eine Bruchbude aufzutreiben war und die Sonne sich schon bereit machte abzutauchen, gaben wir dem Taxifahrer sein üppiges Salär und beschlossen, zu Fuß weiterzumachen. Angesichts unseres 50- Kilo-drei-Wochen- Gepäcks war das nicht gerade die beste Idee. Am Strand angekommen, sackten wir entkräftet auf die ausrangierten Koffer unserer Eltern. Umgeben von braun gebrannten Schönheiten und anmutig Frisbee spielenden Muskelmännern, müssen wir ein höchst bedauernswertes Bild abgegeben haben. Zwei schmale, blasse Typen mit Schweißrändern unter den Armen hockten auf prall gefüllten Gepäckstücken und starrten vollkommen entkräftet in die Weite.

Von der Seite näherte sich eine Gruppe von Surfern, vier Typen mit drei Grazien. Alle mit mokkabrauner Haut und sonnengebleichten Haaren, perfekten Körpern, Surferstyle und lässigem Gang. Während die anderen mit sich selbst beschäftigt an uns vorbeizogen, blieb einer von ihnen bei uns stehen und fragte, ob er eine Zigarette haben könnte. Martin zog mürrisch eine Packung aus den Tiefen seines Rucksacks und hielt sie dem Surfer sichtlich genervt vor die Nase. Der ließ sich alle Zeit der Welt, öffnete die Schachtel, nahm eine Zigarette heraus und fragte seelenruhig nach Feuer. Mit zunehmender Wut kramte Martin in seinem Rucksack und reichte dem Mann brüsk die Streichhölzer. Was fiel dem eigentlich ein? Als ob wir nicht gerade anderen Probleme hatten . . . Der Surfer steckte sich seine Zigarette an, völlig unbeeindruckt von unserer schlechten Laune, zog genüsslich an ihr, blies den Rauch in die Luft und sagte mit entwaffnend sanfter Stimme: „Welcome to the New World, brothers.“ Brothers! Sprach’s, schlenderte weiter und ließ uns verdutzt zurück.

Noch heute, fast 20 Jahre später, erzählen wir uns diese Episode, wenn wir uns sehen. Und wir freuen uns immer noch darüber, dass wir unmittelbar danach im ersten Hotel direkt am Strand ein feines, aber günstiges Zimmer bekamen, weil ein Gast wenige Minuten zuvor abgesagt hatte.

Der Surfertyp ging uns beiden nicht aus dem Kopf. Er stand auf eine Weise im Einklang mit sich selbst, wie ich es bis dahin nicht erlebt hatte, und er strahlte das geradezu unwiderstehlich aus. In wenigen Sekunden schaffte er es, unsere Stimmung von Vollkatastrophe auf Gelöstheit zu drehen. Auf uns wirkte er ansteckend beseelt, gleichzeitig sanft und voller Kraft. Er vermittelte den Eindruck, dass er nicht mehr brauchte als sich selbst und sein Surfboard. Er war von seinem Tun erfüllt und begeistert: ein hedonistischer Idealist. Die Frage nach echter, in Lebensart umgesetzter Begeisterung hat mich seitdem nicht mehr losgelassen.

© Murmann Verlag ©

Literaturangaben:
VEKEN, DOMINIC: Ab jetzt Begeisterung. Die Zukunft gehört den Idealisten. Murmann Verlag, Hamburg. 256 S., 18 €.

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