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Älteste Bibel-Handschrift

Der berühmte Text aus dem 4. Jahrhundert ist seit Anfang Juli im Internet vereint

© Die Berliner Literaturkritik, 09.07.09

Von Martina Rathke

GREIFSWALD (BLK) - Die abenteuerliche und bisher mit vielen Unklarheiten behaftete Entdeckungsgeschichte des Codex Sinaiticus, der ältesten vollständigen Bibelhandschrift in griechischer Sprache, ist erstmals in einer runden, quellenreichen Gesamtdarstellung dokumentiert worden. Der Greifswalder Theologe Christfried Böttrich bezieht in seine Darstellung neue Dokumente aus russischen, englischen und deutschen Archiven ein, wie die Universität Greifswald am Donnerstag mitteilte. Der berühmte Text aus dem 4. Jahrhundert, von dem Teile auf der ägyptischen Halbinsel Sinai, in St. Petersburg, London und Leipzig verwahrt werden, ist seit Anfang Juli im Internet (www.codex-sinaiticus.net) vereint. Der umfangreiche Beitrag Böttrichs soll die Internetseite komplettieren.

Unstrittig in der Forschung ist, dass der Leipziger Theologe Constantin Tischendorf im Jahr 1844 die ersten 129 Seiten des Textes im Katharinenkloster auf dem Sinai entdeckte, von denen er 43 mit nach Leipzig nehmen durfte. Ein zweiter Teil — neben den 86 fehlenden weitere 260 Seiten — wurde dann bei einer weiteren Reise Tischendorfs im Auftrag des russischen Zaren im Jahr 1859 gefunden. Dieser Teil sei im Jahr 1933 für 100 000 Pfund per Stalin-Erlass an die Bibliothek des Britischen Museums in London gegangen. Im Jahr 1975 seien dann bei Baumaßnahmen im Kloster in einem verschütteten Raum weitere 12 Seiten und 24 Fragmente entdeckt worden.

Vor allem Tischendorf selbst sei immer wieder in das Kreuzfeuer der Kritik geraten, sagte Böttrich. Hartnäckig hielt sich das auch lange Zeit von Seiten des Klosters propagierte Gerücht, der Codex sei von Tischendorf gestohlen und unrechtmäßig nach St. Petersburg gebracht worden. „Dieser Vorwurf ist definitiv falsch.“ Zwar gingen jene 346 Blätter im Jahr 1859 zunächst leihweise nach Moskau. Im November 1869 machte das Kloster diese Blätter dann Zar Alexander II. zum Geschenk.

Die mit Siegel und Unterschriften versehenen Dokumente dieses Schenkungsaktes, die heute im Russischen Staatlichen Historischen Archiv in Moskau liegen, seien 2007 veröffentlicht worden. Auch zahlreiche weitere Archivdokumente seien im Rahmen des Digitalisierungsprojektes ausgewertet worden. So lasse sich inzwischen auch der Verkauf des Textes nach London präzise rekonstruieren. Böttrich befasst sich seit Jahren mit den Leipziger Nachlässen Tischendorfs.

Nach Angaben der Universität ist die Beschreibung Böttrichs die bislang detaillierteste Darstellung der Entdeckungsgeschichte. Mit der Veröffentlichung verbinde er die Hoffnung, einen „über lange Zeit schwelenden Konflikt zu überwinden und zu einer neuen, gemeinsamen Sicht auf die Umstände der Entdeckung und des Transfers dieser einzigartigen Handschrift nach Leipzig, St. Petersburg und London zu gelangen“.

Weblink:

Codex Sinaiticus


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